Migrationsforscher Knaus warnt vor Scheitern des EU-Türkei-Abkommens

11.09.2019 07:21

Brüssel/Berlin (dpa) - Angesichts steigender Ankunftszahlen von
Migranten auf den griechischen Inseln in der Ägäis warnt
Migrationsforscher Gerald Knaus vor einem Scheitern des
EU-Türkei-Abkommens. «Wenn es zusammenbricht, dann wegen des
Scheiterns auf den griechischen Inseln», sagte Knaus, der das
Abkommen 2016 mitentwickelt hat, der Deutschen Presse-Agentur in
Brüssel.

Es müsse dringend einen Plan zur Unterstützung der griechischen
Behörden geben. Asylanträge müssten innerhalb weniger Wochen
bearbeitet und Migranten dann zeitnah zurück in die Türkei geschickt
werden, sagte Knaus. Dabei sollten die griechischen Behörden etwa vom
deutschen Bundesamt für Migration und Flüchtlinge unterstützt werden.

Nach Angaben der EU-Kommission wurden bislang nur gut 2400 Syrer
zwangsweise zurück in die Türkei geschickt.

Auf dem Höhepunkt der Flüchtlingskrise hatte sich die EU im März 2016

mit der Türkei unter anderem darauf geeinigt, dass Migranten, die
illegal nach Griechenland übersetzen, künftig zurück in die Türkei

geschickt werden können. Die EU wollte der Türkei im Gegenzug bis zu
72 000 syrische Flüchtlinge abnehmen.

Zuletzt kamen auf den griechischen Inseln wieder deutlich mehr
Migranten an. Im August setzten nach UNHCR-Angaben 8103 Menschen aus
der Türkei über. Im August 2018 waren es noch knapp 3200.

Knaus gibt das Abkommen allerdings noch nicht auf. Er setzt seine
Hoffnung in die neue konservative Regierung Griechenlands unter dem
Ministerpräsidenten Kyriakos Mitsotakis. Zudem verweist er darauf,
dass die Zahl der auf den Inseln ankommenden Migranten noch immer
deutlich unter der vor März 2016 liegt. «Wir haben es mit einem
Wachstum zu tun, und das ist ein ernstes Zeichen. Aber die Situation
ist noch nicht außer Kontrolle.»

Auch die Vorsitzende des Bundestagsinnenausschusses, Andrea Lindholz
(CSU), äußerte sich besorgt, dass die Türkei wieder mehr Flüchtling
e
Richtung Europa ausreisen lassen könnte. Deutschland sei heute besser
vorbereitet und das Asylsystem sei krisenfester als 2015, sagte sie
der «Passauer Neuen Presse» (Mittwoch). Einen erneuten massiven
Zustrom könne man aber nicht bewältigen, ohne den grenzfreien
Schengen-Raum zu gefährden.