EU-Parlament berät Auswege aus dem Brexit-Drama

18.09.2019 05:04

Die EU blickt nach London - von dort sollen Vorschläge für eine
Einigung im Brexit-Streit kommen. Aber tut sich wirklich etwas?
EU-Kommissionschef Juncker will das EU-Parlament informieren.

Straßburg (dpa) - Sechs Wochen vor dem Brexit-Datum Ende Oktober
berät das Europaparlament an diesem Mittwoch, welche Chancen für ein
glimpfliches Ende des Dramas noch bleiben. EU-Kommissionspräsident
Jean-Claude Juncker berichtet in Straßburg über sein Gespräche mit
dem britischen Premierminister Boris Johnson Anfang der Woche. In
einer Resolution wollen die Abgeordneten dann die Position der
Europäischen Union bekräftigen.

Johnson will Großbritannien unbedingt am 31. Oktober aus der EU
herausführen. Da der bereits fertige Austrittsvertrag keinen Rückhalt
im Unterhaus fand, fordert der Regierungschef Änderungen. Die EU
lehnt dies eigentlich ab, zeigt sich aber dennoch offen für
Gespräche. Gibt es keine Einigung, will Johnson einen ungeregelten
Bruch riskieren - obwohl das britische Parlament ein Gesetz zum Stopp
eines «No-Deal» beschlossen hat.

Im Entwurf der Resolution des EU-Parlaments wird betont, es sei im
«überwältigenden Interesse» beider Seiten, den Austritt geordnet zu

vollziehen. Das Papier bekennt sich zum ausgehandelten Abkommen und
plädiert gegen Änderungen in der Substanz. Ein erneuter Aufschub des
Austritts wäre für die Abgeordneten aber akzeptabel. Im übrigen wird

bekräftigt, dass das EU-Parlament selbst erst abstimmen will, wenn
das Unterhaus eine Vereinbarung mit der EU gebilligt hat.

Junckers Treffen mit Johnson hatte am Montag keinen Durchbruch
gebracht. Der britische Premier sprach zwar danach von den Chancen
für einen Deal. Doch wartet Juncker nach eigenen Angaben immer noch
auf konkrete britische Vorschläge.

Dabei geht es nach wie vor um den sogenannten Backstop, die
Garantieklausel für eine offene Grenze zwischen dem EU-Staat Irland
und dem britischen Nordirland nach dem Brexit. Eine erneute Teilung
der Insel widerspräche dem Karfreitags-Friedensabkommen von 1998 und
könnte auf der Insel Unruhen auslösen.

Die EU verlangt, dass ganz Großbritannien notfalls in der
EU-Zollunion bleiben soll, bis eine bessere Lösung gefunden wird.
Johnson will diese Klausel streichen, weil Großbritannien sonst keine
eigene Handelspolitik machen könnte. Er will alternative Lösungen.
Wie sie aussehen sollen, ist unbekannt.

Johnson steht in Großbritannien massiv unter Druck. Am Dienstag hatte
vor dem obersten britischen Gericht die Anhörung im Streit über die
von Johnson auferlegte Zwangspause des Parlaments begonnen. Kritiker
sagen, die überlange Sitzungsunterbrechung bis 14. Oktober solle die
Abgeordneten im Brexit-Streit kalt stellen. Eine Entscheidung des
Gerichts wird für Freitag erwartet.