Von der Leyens Kommission: Brief an Johnson - Vorschläge aus Bukarest

06.11.2019 14:51

Die Zeit drängt. Die künftige Chefin der EU-Kommission, Ursula von
der Leyen, will am 1. Dezember beginnen, aber ihr Team ist noch nicht
komplett. Und wieder einmal hakt es in London.

Brüssel (dpa) - Zur Komplettierung ihres Teams drängt die künftige
EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen den britischen Premier
Boris Johnson, möglicht rasch einen EU-Kommissar vorzuschlagen. Von
der Leyen habe Johnson in einem Brief darum gebeten, so schnell wie
möglich einen oder mehrere Namen zu nennen, sagte ihre Sprecherin
Dana Spinant am Mittwoch in Brüssel. Sie habe ihn zudem ermutigt,
eine Frau zu nominieren. Die rumänische Regierung hat inzwischen zwei
neue Namen nach Brüssel geschickt, aus denen von der Leyen wählen
soll: Adina Valean und Siegfried Muresan. Beide sind derzeit
Europaabgeordnete.

Die Nominierung eines britischen EU-Kommissars ist nötig, weil der
EU-Austritt Großbritanniens verschoben wurde. Eigentlich hatte das
Land die Staatengemeinschaft spätestens am 31. Oktober verlassen
sollen, neuer Stichtag ist der 31. Januar.

Eine Unwägbarkeit bei der Nominierung eines britischen EU-Kommissars
ist, dass in der ursprünglich geplanten EU-Kommission von der Leyens
keine Rolle für ihn vorgesehen war. Die CDU-Politikerin plante ihr
Team mit 27 Mitgliedern. Deshalb ist fraglich, welches Portfolio
Großbritannien kriegen könnte. Julian King, derzeit britischer
Kommissar, ist für die Sicherheit in der Staatengemeinschaft
zuständig. Denkbar ist, dass er erneut nominiert wird.

Dies würde es jedoch noch unwahrscheinlicher machen, dass von der
Leyen ihr Ziel einer geschlechterausgewogenen Kommission erreicht.
Selbst wenn Rumänien und Großbritannien jeweils eine Frau für die
Kommission stellen, wären es nach aktuellem Stand inklusive von der
Leyen 15 Männer und 13 Frauen. Von der Leyen hatte alle Regierungen
dazu aufgefordert, sowohl einen Mann als auch eine Frau
vorzuschlagen.

Die rumänische Regierung kommt dieser Aufforderung mit ihrem
Vorschlag vom Mittwoch nach. Von der Leyens Sprecher bestätigte, dass
der rumänische Ministerpräsident Ludovic Orban zwei Kandidaten
benannt habe: Adina Valean und Siegfried Muresan. Die vorherige
Kandidatin Rovana Plumb war wegen finanzieller Interessenkonflikte
vom Europaparlament gestoppt worden. Aus ähnlichen Gründen hatten
auch Ungarn und Frankreich neue Kandidaten vorschlagen müssen.

Alle vier Nominierten aus Großbritannien, Rumänien, Frankreich und
Ungarn müssen noch vom Parlament geprüft werden - zum einen auf
finanzielle Interessenkonflikte, zum anderen auf ihre fachliche
Eignung. Außerdem muss das Parlament dann noch über die gesamte
Kommission abstimmen. Bis Ende November wird das ganz schön knapp.

Sollte sich der Start der Kommission erneut verzögern, wäre ein
Beginn am 1. Januar denkbar. Von der Leyen hält laut Spinant jedoch
daran fest, am 1. Dezember zu beginnen. Ursprünglich hatte sie die
Nachfolge des scheidenden EU-Kommissionschefs Jean-Claude Juncker
bereits am 1. November antreten sollen.