Johnson fordert Trump zur Zurückhaltung im britischen Wahlkampf auf

29.11.2019 18:38

London (dpa) - Der britische Premierminister Boris Johnson hat
US-Präsident Donald Trump vor Einmischung in den Wahlkampf in
Großbritannien gewarnt. «Wir haben sehr enge Beziehungen und
Freundschaften mit den Vereinigten Staaten auf allen Ebenen der
Regierung, aber was wir als wertschätzende Alliierte und Partner
traditionell nicht machen, ist uns in den Wahlkampf des jeweils
anderen einzumischen», sagte Johnson am Freitag dem Radio-Sender LBC.
Der US-Präsident wird am Montagabend in London erwartet. Er nimmt
dort wie Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und andere Staats- und
Regierungschefs am Nato-Gipfel am Dienstag und Mittwoch teil.

Trump sei sich der Tatsache bewusst, dass sich die USA nicht in
Wahlen anderer Länder einmischten, sagte ein hochrangiger
Regierungsbeamter am Freitag in Washington. Ein bilaterales Treffen
zwischen Johnson und Trump in London ist bislang nicht geplant.

Allerdings hatte Trump sich erst kürzlich bei LBC über den von
Johnson nachverhandelten Brexit-Deal ausgelassen. Geführt wurde das
Telefoninterview mit Trump vom Chef der britischen Brexit-Partei,
Nigel Farage, der mit Johnson um die Stimmen der Befürworter eines
EU-Austritts konkurriert und dessen Deal ablehnt. Johnsons
Konservative liegen derzeit in den Umfragen für die Wahl am 12.
Dezember weit vor der Labour-Partei - doch wegen des
Mehrheitswahlrechts in dem Land sind die Ergebnisse sehr schwer
vorherzusagen. Nur der Kandidat mit den meisten Stimmen in einem
Wahlkreis zieht ins Parlament ein. Die Stimmen für alle unterlegenen
Kandidaten verfallen.

Befürchtet wird im Wahlkampfteam Johnsons wohl vor allem, dass sich
Trump zum Nationalen Gesundheitsdienst NHS äußern könnte. Das marod
e
Gesundheitswesen in Großbritannien ist nach dem Brexit das wichtigste
Wahlkampfthema. Oppositionsführer Jeremy Corbyn von der Labour-Partei
warnt seit langem vor einem Handelsabkommen mit den USA, das Johnson
und Trump nach dem EU-Austritt aushandeln wollen. Glaubt man Corbyn,
könnte der NHS dann teilweise privatisiert werden und an US-Firmen
gehen. Er warnt auch vor höheren Preisen für Medikamente, sollten
amerikanische Pharmakonzerne ihren Einfluss auf ein Handelsabkommen
geltend machen. Johnson hingegen beteuert, der NHS werde bei den
Verhandlungen keine Rolle spielen.