Unionsabgeordnete fordern von EU-Spitze neue Außenwirtschaftspolitik

30.11.2019 06:30

Am Sonntag startet die neue EU-Kommission mit Ursula von der Leyen an
der Spitze ihre Arbeit. Auch angesichts weiter drohender
US-Strafzölle auf Autos und der Huawei-Debatte werden im Bundestag
und Europaparlament konkrete Forderungen laut.

Berlin (dpa) - Eine Gruppe von Unions-Abgeordneten aus Bundestag und
Europaparlament verlangt von der neuen EU-Kommission mit Präsidentin
Ursula von der Leyen (CDU) an der Spitze eine Neuausrichtung der
Außenwirtschaftspolitik. Angesichts des schwelenden
Hegemonialkonflikts zwischen den USA und China «muss die EU ihr
handelspolitisches Instrumentarium vergrößern und schärfen und keine

Angst haben, es einzusetzen», heißt es in einem der Deutschen
Presse-Agentur vorliegenden Thesenpapier von etwa 15 Europa-, Außen-
und Wirtschaftspolitikern von CDU und CSU.

Mit Blick auf die Aufgaben der neuen EU-Kommission schreiben die
Experten, die Europäische Union habe «jetzt die Aufgabe, eine
erkennbar eigene Rolle im außenwirtschaftspolitischen Spannungsfeld
zwischen China und den USA zu entwickeln». Zudem müsse die EU «ihre
wirtschaftlichen und politischen Interessen mit Nachdruck»
durchsetzen und verteidigen.

Auch angesichts der US-Drohungen mit Strafzöllen auf Autos und
Autoteile komme Deutschland als wirtschaftlich bedeutsamstem
EU-Mitgliedsstaat eine besondere Verantwortung zu, heißt es in dem
Papier. Zugleich betonten die Abgeordneten aber: «Die kurzfristigen
eigenen Interessen Deutschlands sollten nicht die mittel- und
langfristigen Interessen der gesamten EU dominieren.»

Angesichts möglicher bilateraler Interessen und Absprachen mit den
USA, aber auch im Streit um die Einbeziehung des umstrittenen
chinesischen Telekommunikationsausrüsters Huawei beim Ausbau der
schnellen 5G-Infrastruktur fügen die Parlamentarier hinzu: «Eine
starke und geeinte EU muss das Hauptinteresse sein.» Die
Handelsbeziehungen zu China müssten «verstärkt unter außen- und
sicherheitspolitischen Gesichtspunkten betrachtet werden. Wir dürfen
hier nicht naiv sein.» Das zielt auf Huawei und die Haltung der
Regierung, den chinesischen Konzern nicht per se auszuschließen.

Die wachsenden Unterschiede der Systeme zwischen dem chinesischen
Staatskapitalismus und dem in Europa vorherrschenden Modell der
Sozialen Marktwirtschaft erforderten von den EU-Mitgliedern «jetzt
verstärkte, vorsorgende Anstrengungen in der Absicherung von
politischen Grundwerten». Dazu gehörten die Meinungsfreiheit, die
informationelle Selbstbestimmung und das Demokratiestaatsprinzip.

Mit Präsident Xi Jinping habe sich der Eindruck verfestigt, dass sich
China von seiner einstigen Öffnungspolitik verabschiede. Das
verstärkte außenpolitische und außenwirtschaftliche Engagement
Pekings in der Welt diene «dem Ziel der innenpolitischen
Machtsicherung».

Die von den USA geforderte Einbeziehung des Agrarsektors in die
EU-US-Handelsverhandlungen lehnt die Abgeordnetengruppe ab. Falls die
US-Administration vor dem Hintergrund der Regeln der
Welthandelsorganisation WTO rechtswidrige Maßnahmen gegen die EU etwa
im Bereich der Strafzölle ergreife, sei eine «klare und
unmissverständliche europäische Antwort unter Ausschöpfung aller
bestehenden handelspolitischen Instrumente erforderlich».

China habe es seit seinem Beitritt zur WTO trotz zahlreicher
Absichtserklärungen und einzelner Fortschritte bisher versäumt,
gleiche Wettbewerbsbedingungen im Handels- und Investitionsbereich
herzustellen. Auch deshalb müssten die seit Jahren andauernden
Verhandlungen zwischen der EU und China zum Investitionsabkommen bald
abgeschlossen werden. Dies dürfe aber nicht um jeden Preis geschehen.
Nötig sei ein deutlich verbesserter, tatsächlicher Marktzugang für
europäische Firmen in China auch im Bereich von Zukunftstechnologien.
Am Ende müsse das Ziel eines wechselseitig gleichen Marktzugangs für
beide Seiten stehen.

Das Papier wird unter anderem vom Vorsitzenden der CDU/CSU-Gruppe im
Europaparlament, Daniel Caspary, dem Chef des Bundestagsausschusses
für EU-Angelegenheiten, Gunther Krichbaum, und dem Mitglied im
Gremium zur Kontrolle der Geheimdienste, Patrick Sensburg, getragen.
Zu den Mitautoren gehören der Koordinator für die transatlantische
Zusammenarbeit und das Mitglied im Auswärtigen Ausschuss Peter Beyer,
das EU-Ausschuss-Mitglied Philipp Amthor und das
Wirtschaftsausschuss-Mitglied Stefan Rouenhoff (alle CDU).