Libyen-Krise: EU-Ratspräsident Michel zu Gesprächen in der Türkei

11.01.2020 15:09

Istanbul (dpa) - Angesichts der sich zuspitzenden Lage im
Bürgerkriegsland Libyen ist EU-Ratspräsident Charles Michel für
Gespräche in die Türkei gereist. Bei einem Treffen mit dem türkischen

Präsidenten Recep Tayyip Erdogan in Istanbul am Samstag ging es nach
einem Bericht der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu um
Entwicklungen in der Region sowie die Beziehungen zwischen der Türkei
und der Europäischen Union. Am Sonntag sollte Michel zu Gesprächen
mit dem ägyptischen Präsidenten Abdel Fattah al-Sisi nach Kairo
weiterreisen.

In Libyen herrscht seit dem Sturz von Langzeitherrscher Muammar
al-Gaddafi 2011 Bürgerkrieg. Die international anerkannte Regierung
von Fajis al-Sarradsch kämpft mit dem einflussreichen General Chalifa
Haftar um die Macht. Die Türkei und Ägypten stehen auf
unterschiedlichen Seiten des Konflikts, in den sich auch Russland
eingeschaltet hat. Ankara unterstützt die Einheitsregierung von
Al-Sarradsch in Tripolis und hat Truppen zu ihrer Unterstützung
entsandt. Kairo steht auf der Seite einer mit Haftar verbundenen
Regierung im ostlibyschen Tobruk, die von der selbst ernannten
Libyschen Nationalarmee (LNA) gestützt wird.

Europäische Diplomaten bemühen sich darum, ausländische
Interventionen in Libyen zu begrenzen. Sie fürchten, jede Einmischung
könne die Gewalt weiter vorantreiben. Russland und die Türkei haben
für Sonntag um Mitternacht eine Waffenruhe gefordert. Der von
Russland gestützte Haftar kündigte an, weiter kämpfen zu wollen.

Ankara erwarte, dass Moskau Haftar von einer Waffenruhe überzeugen
werde, sagte der türkische Außenminister Mevlut Cavusoglu am Samstag
in Istanbul. Sollte der General seine Angriffe einstellen, sei die
Türkei zu Gesprächen für eine politische Lösung des Konflikts berei
t,
sagte Cavusoglu weiter. «Wir unterstützen den Berliner Prozess.»

Die Bundesregierung bemüht sich im sogenannten Berliner Prozess seit
Monaten um eine politische Lösung für Libyen. Zuletzt stellte
Außenminister Heiko Maas eine Konferenz mit internationalen
Konfliktparteien für die kommenden Wochen in Aussicht.

Bundeskanzlerin Angela Merkel traf sich indes am Samstag in Moskau
mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin zu Gesprächen über die

Krisenherde im Nahen und Mittleren Osten. Dabei sollte es auch um
Libyen gehen.