EU-Kommission will eine Billion Euro in die EU-Klimawende pumpen

14.01.2020 18:59

Ursula von der Leyen hat einen «Green Deal» angekündigt - jetzt
schiebt ihre EU-Kommission den ersten konkreten Vorschlag nach. Das
Motto: Keiner soll verloren gehen.

Straßburg (dpa) - Investitionen für eine Billion Euro sollen bis 2030
die europäische Klimawende anschieben. Das Geld soll etwa zur Hälfte
aus dem EU-Haushalt kommen, der Rest von den EU-Staaten und privaten
Investoren. Das Investitionsprogramm stellte die EU-Kommission am
Dienstag in Straßburg vor. Die Behörde betonte, der Umbau der
Wirtschaft solle sozial abgefedert werden. Für besonders hart
betroffene Regionen sind 100 Milliarden Euro eingeplant. Sie könnten
auch deutschen Kohlerevieren zugute kommen.

Für die Pläne erhielt die Kommission grundsätzliche Unterstützung d
er
großen Parteien im Europaparlament und auch der Bundesregierung. Der
sogenannte Green Deal für ein klimaneutrales Europa bis 2050 sei auch
eine Wachstumsstrategie, erklärte Bundeswirtschaftsminister Peter
Altmaier (CDU). Umweltschützer und Gewerkschaften kritisierten
allerdings, dass vergleichsweise wenig neue Haushaltsmittel
eingeplant seien. Der Plan für nachhaltige Investitionen sei «wenig
mehr als die hübsche Verpackung eines leeren Pakets», monierte der
Umweltverband WWF.

Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hatte im Dezember das
Ziel ausgegeben, die Europäische Union bis 2050 klimaneutral zu
machen. Dann sollen alle Treibhausgase vermieden oder gespeichert
werden, um die Erderwärmung zu bremsen.

«Beim europäischen Grünen Deal, unserer Vision für ein klimaneutral
es
Europa bis zum Jahr 2050, stehen die Menschen im Mittelpunkt»,
betonte von der Leyen am Dienstag. «Dieser Wandel wird nur geschafft,
wenn er gerecht ist und für alle funktioniert.» Auch sie sprach von
einer Wachstumsstrategie und wies Bedenken wegen der hohen Kosten
zurück. Handle man jetzt nicht, wären die Kosten viel höher.

Mit dem Green Deal geplant ist eine Abkehr von Kohle, Öl und Gas und
der Umbau von Wirtschaft, Landwirtschaft, Verkehr und privater
Energienutzung. Schätzungen gehen von einem Investitionsbedarf von
drei Billionen Euro oder mehr bis 2030 aus. Das geplante
Investitionsprogramm wird demnach nur etwa ein Drittel abdecken.
Daneben ruhen die Hoffnungen auf Großanlegern wie Pensionsfonds oder
Versicherungen.

Für das Gesamtprogramm bis 2030 rechneten EU-Beamte vor, dass rund
500 Milliarden Euro aus dem EU-Gemeinschaftshaushalt kommen, dazu
kämen 100 Milliarden Euro ergänzende Gelder von den EU-Staaten, 100
Milliarden für den «gerechten Wandel» und 300 Milliarden, die mit
Hilfe des bestehenden EU-Programms InvestEU von privaten Investoren
aufgebracht werden sollen.

Für die 100-Milliarden-Hilfen sollen wiederum binnen sieben Jahren
nur 7,5 Milliarden Euro frisches Geld aus dem EU-Haushalt bereit
stehen. Auch hier soll dann mit Beträgen der EU-Staaten sowie Hilfe
von InvestEU und der Europäischen Investitionsbank (EIB) die
Gesamtsumme erreicht werden. Gefördert werden sollen zum Beispiel
Umschulungen oder die Ansiedlung neuer Unternehmen. Die EU-Kommission
spricht von 108 besonders betroffenen Regionen in Europa und mehr als
250 000 Beschäftigten.

Die Grünen äußerten laute Zweifel am Finanzierungsmodell, das mit
vergleichsweise geringen EU-Mitteln über finanzielle «Hebel» und
private Investoren riesige Summen mobilisieren soll. «Die
EU-Kommission rechnet mit Milliardenbeträgen, die ihr derzeit gar
nicht zur Verfügung stehen», monierte der Grünen-Abgeordnete Sven
Giegold. «Mit Luftbuchungen lässt sich das Klima nicht retten.» Die
Finanzierung des Investitionsprogramms hängt auch von einer Einigung
auf einen mittelfristigen Finanzrahmen für die Jahre 2021 bis 2027
ab, der bisher noch heftig umstritten ist.