EU-Politiker werfen Kremlchef Putin Geschichtsverzerrung vor

15.01.2020 16:31

Straßburg (dpa) - EU-Kommissarin Vera Jourova und Abgeordnete des
Europaparlaments haben Kremlchef Wladimir Putin wegen Aussagen zur
Vorgeschichte des Zweiten Weltkriegs kritisiert. Eine Verzerrung
historischer Fakten sei eine Gefahr für die Gesellschaft, sagte
Jourova am Mittwoch im Europaparlament in Straßburg. Desinformation
müsse entschlossen entgegengetreten und abgelehnt werden, so Jourova.
Der Hitler-Stalin-Pakt zwischen Nazi-Deutschland und der Sowjetunion
habe den Weg für den Zweiten Weltkrieg geebnet. «Das sind die
Fakten», so Jourova. Russlands Präsident hatte die Bedeutung des
Pakts mehrfach relativiert.

Jeder Politiker trage die Verantwortung, nicht mit der Geschichte zu
spielen, sagte EVP-Fraktionschef Manfred Weber. «Auch Putin nicht.»
Zuletzt hatte es auch einen Streit zwischen Warschau und Moskau
gegeben, weil Putin Regierungsvertretern von Vorkriegspolen
Antisemitismus und eine anbiedernde Haltung gegenüber Nazi-
Deutschland vorwarf. Unter anderem nannte er den polnischen
Botschafter in Berlin der Jahre 1933 bis 1939, Josef Lipski, ein
«antisemitisches Schwein». Polen warf Russland eine Umdeutung der
Geschichte vor.

Das Bündnis mit Josef Stalin ermöglichte Adolf Hitler 1939 den
Angriff auf Polen. Es schützte die Wehrmacht vor einem
Zweifrontenkrieg und ermöglichte die Expansion nach Westeuropa unter
Vorherrschaft der Nazis. In einem geheimen Zusatzprotokoll zum
deutsch-sowjetischen Nichtangriffspakt hatten Nazi-Deutschland und
die Sowjetunion vereinbart, Polen unter sich aufzuteilen.