EU-Abgeordnete kritisieren polnische Kampagne für Justizreform

12.02.2020 16:15

Brüssel/Warschau (dpa) - Eine Kampagne zugunsten der umstrittenen
Justizreformen in Polen hat Unmut im Europaparlament ausgelöst.
Europaabgeordnete sowie die EU-Kommission und Journalisten erhielten
bis Mittwoch Tausende E-Mails gleichen Inhalts, die sich im Sinne der
nationalkonservativen Regierungspartei PiS für den Umbau der
polnischen Gerichtsbarkeit stark machten.

Die polnische Webseite Niezalezna.pl hatte zur Verbreitung des
Aufrufs «Wir wollen faire Gerichte» aufgefordert und die passenden
Mailadressen bereit gestellt. Niezalezna bedeutet «Die Unabhängige».

Mitinitiatorin ist die PiS-Politikerin Beata Drozdz, die im Mai bei
der Europawahl kandidiert hatte, aber den Einzug verpasste. «Wir
kämpfen dafür, dass wir in Polen selbst entscheiden wollen, wie unser
Justizsystem aussehen soll», sagte Drozdz der Deutschen
Presse-Agentur in Warschau.

Die SPD-Europapolitikerin und Parlamentsvizepräsidentin Katarina
Barley reagierte scharf. «Wir im EU-Parlament lassen uns von der PiS
und ihren Getreuen nicht einschüchtern», erklärte sie der Deutschen
Presse-Agentur. «Die sogenannte E-Mail-Kampagne für «faire Gerichte
»
und die Justizreform der PiS ist zynisch, denn durch diese Reform
soll gerade die Unabhängigkeit der Justiz abgeschafft werden.»

Der CDU-Abgeordnete Andreas Schwab kritisierte, die Kampagne spiele
mit der Definition einer unabhängigen Justiz und tue so, als könnte
jeder Staat selbst bestimmen, was das sei. Doch gebe es in der EU
eine gemeinsame Auffassung von Rechtsstaatlichkeit.

Die Grünen-Abgeordnete Terry Reintke meinte: «Die Polinnen und Polen
fordern eine unabhängige Justiz. Was die PiS-Regierung derzeit macht,
schafft jedoch das genaue Gegenteil: eine Justiz, die an die
Regierungsmeinung gebunden ist.» Das sei mit europäischen Werten
nicht vereinbar. Ihr Büro hat nach eigenen Angaben seit
Dienstagnachmittag knapp 2500 Mails der Kampagne erhalten. Andere
Abgeordnete sprachen ebenfalls von Tausenden Emails.