EU-Politiker warnen vor Orbans Notstand-Gesetz: «Unerträglich»

25.03.2020 16:07

Brüssel (dpa) - Angesichts des geplanten Notstand-Gesetzes in Ungarn
schlagen mehrere EU-Politiker Alarm. «Das ist unerträglich,
inakzeptabel und ein Beispiel dafür, wie Leute in Krisenzeiten in
alte Muster zurückfallen», sagte der CDU-Europaabgeordnete Daniel
Caspary am Mittwoch. Die Pläne des ungarischen Ministerpräsidenten
Viktor Orban seien jenseits seiner Vorstellungskraft gewesen. Orbans
Fidesz-Partei ist wie die CDU Mitglied in der christdemokratischen
Parteienfamilie EVP, ihre Mitgliedschaft ist derzeit allerdings auf
Eis gelegt.

Vor dem Hintergrund der Coronavirus-Pandemie will Orban sich
umfassende Vollmachten geben lassen. Ein Gesetzesentwurf, der am
Dienstag im Parlament debattiert wurde, würde es ihm ermöglichen, auf
unbegrenzte Zeit und ohne parlamentarische Kontrolle mit Verordnungen
zu regieren. Das Gesetz würde es zudem ermöglichen, das Parlament für

die - nicht begrenzte - Zeit des Epidemie-Notstands nicht tagen zu
lassen. Auch Wahlen und Referenden dürfen nicht stattfinden. Das
Gesetz wird voraussichtlich Anfang nächster Woche beschlossen.

Auch die SPD-Abgeordnete Katarina Barley sagte, Versuche europäischer
Regierungen, ihre Kompetenzen in der Corona-Krise zu Lasten der
Parlamente auszuweiten, bereiten ihr große Sorge. «Wir haben Ungarn
als schlimmsten Fall», sagte die Vizepräsidentin des EU-Parlaments
und forderte die EU-Kommission zum Handeln auf: «Sie ist die Hüterin

der Verträge und muss da dringend tätig werden und beim EuGH eine
einstweilige Verfügung beantragen.»

Ein Sprecher der Kommission äußerte am Mittwoch recht deutliche
Kritik an Maßnahmen wie der in Ungarn. Das Kollegium der
EU-Kommissare habe sich mit den Notfall-Maßnahmen einiger Staaten
befasst, die zum Teil weitreichende Maßnahmen zum Schutz der
öffentlichen Gesundheit ergriffen hätten. «Wo immer solche Maßnahme
n
unter diesen außergewöhnlichen Umständen erlaubt sein könnten, ist

entscheidend, dass alle Einschränkungen streng angemessen und
zeitlich befristet sind um der Krise zu begegnen.»