Steinmeier würdigt «Helden der Corona-Krise» - Nachschub für EU Von Ulrich Steinkohl, dpa

26.03.2020 12:58

Appelle und Mahnungen sind die Hauptinstrumente eines
Bundespräsidenten. Das ist auch in der Corona-Krise so. Frank-Walter
Steinmeier wendet sich erneut mit einer Video-Botschaft an die
Bürger. Und verteilt auch Lob.

Berlin (dpa) - Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat in der
Corona-Krise an die nationale und internationale Solidarität
appelliert. Zugleich dankte er am Donnerstag den vielen Menschen, die
sich in Deutschland engagiert der Krise entgegenstemmen. Diese war am
Donnerstag auch Thema im Europaparlament. Dort teilte
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen mit, dass die
EU-Staaten schon bald Nachschub an Schutzkleidung bekämen.

BUNDESPRÄSIDENT DANKT HELDEN DER CORONAKRISE

Angesichts der weltweiten Corona-Epidemie hat Bundespräsident
Frank-Walter Steinmeier die Bundesbürger und die Staatengemeinschaft
zum Zusammenstehen aufgerufen. In einer am Donnerstag
veröffentlichten Videobotschaft würdigte er zugleich die «Heldinnen
und Helden in der Corona-Krise» wie Ärzte, Pfleger, Mitarbeiter von
Supermärkten und Menschen, die anderen helfen. Der nun verordnete
Verzicht auf viele Dinge falle schwer, ihm selbst auch, sagte
Steinmeier. «Doch nur der Verzicht verhindert, dass wir dauerhaft
verlieren, was wir lieben.» Solidarität sei auch über Landesgrenzen
hinweg nötig.

GESCHLOSSENE GRENZEN ZUM SCHENGEN-JUBILÄUM

Zum 25. Jahrestag des Schengener Abkommens hat Luxemburgs
Außenminister Jean Asselborn gefordert, die im Zuge der
Corona-Pandemie eingeführten Grenzkontrollen und Grenzschließungen
«so schnell wie möglich» wieder aufzuheben. Arbeiter, «von denen
viele im Kampf gegen das Virus an vorderster Front stehen», würden
behindert, der Transport von lebensnotwendigen medizinischen Gütern
und Lebensmitteln werde erschwert. Viele Länder hatten wegen der
Corona-Krise ihre Grenzen dichtgemacht, um die Ausbreitung des Virus
zu verlangsamen. Am 26. März 1995 - also vor 25 Jahren - waren die
Bestimmungen zum Schengener Abkommen in Kraft getreten.

NACHSCHUB AN SCHUTZKLEIDUNG FÜR EU-STAATEN

Der Nachschub an lebenswichtiger Schutzkleidung in der Corona-Krise
ist nach Angaben von EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen für
die EU-Staaten gesichert. «Seit Dienstag wissen wir, dass ihr Bedarf
an Masken, Handschuhen, Schutzbrillen und Schutzvisieren von den
Herstellern gedeckt werden kann», sagte von der Leyen im
Europaparlament. Die Lieferungen dürften in den kommenden Wochen
anlaufen. Die EU-Kommission hatte eine gemeinsame Bestellung der
Medizinprodukte eingeleitet und zudem den Aufbau einer strategischen
Reserve für alle EU-Staaten angekündigt.

ZAHL DER INFIZIERTEN UND TOTEN STEIGT

In Deutschland sind bislang mehr als 37 900 Infektionen mit dem neuen
Coronavirus registriert. Das geht aus einer Auswertung der Deutschen
Presse-Agentur hervor, die die gemeldeten Zahlen der Bundesländer
berücksichtigt. Besonders hohe Zahlen haben Nordrhein-Westfalen mit
mehr als 10 400 Fällen sowie Bayern und Baden-Württemberg mit jeweils
mehr als 7200 Fällen. Gerechnet auf 100 000 Einwohner verzeichnet
Hamburg mit 78,8 die meisten Infektionen. Mindestens 215 mit
Sars-CoV-2 Infizierte sind den Angaben zufolge bislang bundesweit
gestorben.

BOSCH ENTWICKELT CORONA-SCHNELLTEST

Der Technologiekonzern Bosch hat nach eigenen Angaben einen
Coronavirus-Schnelltest unter anderem für Krankenhäuser und
Arztpraxen entwickelt. Das vollautomatische Verfahren zum Nachweis
von Virenerbgut soll von der Entnahme der Probe bis zum Ergebnis
weniger als 2,5 Stunden brauchen, wie Bosch am Donnerstag mitteilte.
Bislang beträgt die reine Testzeit laut Robert Koch-Institut (RKI)
etwa 4 bis 5 Stunden. Laut Bosch hat der neue Test auf Sars-CoV-2
eine «Genauigkeit von über 95 Prozent». Er erfülle der Test die
Qualitätsstandards der Weltgesundheitsorganisation (WHO).

VERBRAUCHERSTIMMUNG BRICHT EIN

Die Corona-Krise hat die Verbraucherstimmung in Deutschland auf den
niedrigsten Wert seit der Finanzkrise einbrechen lassen. In seinem
monatlich ermittelten Konsumklimaindex prognostiziert der Nürnberger
Marktforscher GfK für April einen Rückgang um 5,6 Punkte auf 2,7
Zähler. Nur im Mai 2009 auf dem Höhepunkt der Finanz- und
Wirtschaftskrise lag der Index mit 2,6 Punkten niedriger. «Ein so
starker Rückgang ist seit Beginn der Erstellung des Konsumbarometers
1994 beispiellos», sagte GfK-Konsumexperte Rolf Bürkl. Handel,
Hersteller und Dienstleister müssten sich auf eine Rezession
einstellen.

BONUS FÜR MITARBEITER VON SUPERMÄRKTEN

Auch die 140 000 Mitarbeiter von Lidl und Kaufland bekommen einen
Bonus für ihren anstrengenden Einsatz in der Corona-Krise. Jeder
Mitarbeiter in Filialen, Logistik und Produktionsbetrieben erhalte im
April eine Sonderzahlung von bis zu 250 Euro, teilte die
Schwarz-Gruppe mit, zu der die beiden Ladenketten gehören. Insgesamt
lässt sich der Handelsriese die Prämien rund 35 Millionen Euro
kosten. Zuvor hatte bereits Rewe eine Prämie für seine Mitarbeiter
und die Beschäftigten der konzerneigenen Discountkette Penny
angekündigt. Der Bonus für die Beschäftigten werde als Warengutschein

ausgezahlt, damit die Prämie möglichst als Netto-Zahlung bei den
Beschäftigten ankomme.

CANDLE-LIGHT-DINNER TROTZ CORONA

Die große Mehrheit der Bundesbürger hält sich zwar an die strikten
Beschränkungen, die die Ausbreitung des Coronavirus bremsen sollen.
Es gibt aber nach wie vor Unverbesserliche: In Berlin-Kreuzberg hat
die Polizei in einem Lokal ein Dinner bei Kerzenschein beendet, zu
dem sich vier Freunde trotz Coronakrise und Kontaktverbot getroffen
hatten. Sie ließen sich hinter abgeklebtem Fenster und bei
ausgeschaltetem Licht mit Essen und Trinken bewirten, teilte die
Polizei am Donnerstag mit. Der Tisch sei voll gedeckt gewesen. Auf
die Runde dürften nun Konsequenzen zukommen.