Maas will EU-China-Gipfel trotz Pekings Hongkong-Politik

28.06.2020 11:42

Berlin (dpa) - Bundesaußenminister Heiko Maas sieht trotz der
Hongkong-Politik Chinas keinen Grund, auf den geplanten
EU-China-Gipfel zu verzichten. «Durch die Absage eines Gipfels wird
sich nichts verändern, weder in Hongkong noch sonst irgendwo», sagte
der SPD-Politiker in einem Interview der Deutschen Presse-Agentur.
«China ist auf der einen Seite Systemrivale, auf der anderen Seite
aber auch ein wirtschaftlicher Partner.» Deshalb sei ein Dialog
notwendig, der dann aber auch unbequem sein könne. «Vor diesem
Hintergrund halte ich es nach wie vor für richtig, diesen Gipfel
stattfinden zu lassen, wenn die Rahmenbedingungen es ermöglichen.»

Der EU-China-Gipfel sollte eigentlich im September als ein Höhepunkt
der deutschen EU-Ratspräsidentschaft in Leipzig stattfinden, wurde
dann aber wegen der Corona-Pandemie verschoben. Einen neuen Termin
gibt es noch nicht.

Die Vorsitzende des Menschenrechtsausschusses im Bundestages, Gyde
Jensen (FDP), warf der Bundesregierung vor, sich vor einer deutlichen
Reaktion gegenüber China zu drücken. «Dass für Außenminister Maas
die
Menschenrechtsverletzungen in Hongkong und der Region Xinjiang kein
Grund für klare Worte und die Absage des geplanten EU-China-Gipfels
sind, passt leider in das blasse Profil der Bundesregierung in dieser
Frage», erklärte sie. «Wir brauchen nun eine klare Antwort auf
Pekings Machtgebaren und kein Propagandaspektakel wie einen Gipfel.»

Wegen des von China geplanten Sicherheitsgesetzes für Hongkong war
die Forderung laut geworden, den Gipfel ganz abzusagen. Das
chinesische Gesetz wäre aus Sicht von Kritikern der bisher
weitestgehende Eingriff in Hongkongs Autonomie. Es wendet sich gegen
Aktivitäten, die Peking als subversiv ansieht und die auf eine
Unabhängigkeit abzielen könnten. Die prodemokratische Opposition in
Hongkong fürchtet, dass sie zum Ziel des Gesetzes wird.

Seit der Rückgabe der früheren britischen Kronkolonie 1997 an China
wird Hongkong nach dem Grundsatz «ein Land, zwei Systeme» autonom als
eigenes Territorium verwaltet. Mit dem Grundsatz war den sieben
Millionen Hongkongern versprochen worden, dass ihre Rechte und
Freiheiten für 50 Jahre unangetastet bleiben würden.

Der Ständige Ausschuss des chinesischen Volkskongresses soll von
Sonntag bis Dienstag in Peking tagen, um über das umstrittene
Sicherheitsgesetz zu beraten. Eine Verabschiedung vor dem 1. Juli
wird von einigen Beobachtern für möglich gehalten.