Knaus ruft EU zu Umkehr bei Umgang mit Flüchtlingen auf

09.07.2020 00:44

Berlin (dpa) - Der Leiter der Europäischen Stabilitätsinitiative
(ESI), Gerald Knaus, hat der EU einen «rechtswidrigen Umgang mit
Flüchtlingen» vorgeworfen und die deutsche EU-Ratspräsidentschaft
aufgerufen, diesen Zustand beenden zu helfen. «Wir dürfen die
Flüchtlingskonvention, die nächstes Jahr ihren 70. Geburtstag feiert,
nicht aufgeben», sagte Knaus der «Berliner Zeitung» (Donnerstag).

«Es ist erschreckend zu sehen, mit welcher Brutalität Europäer ihre
eigenen Gesetze im Umgang mit Asylsuchenden heute brechen», sagte er.
Dabei seien im ersten Halbjahr 2020 nur 20 000 Menschen über das
gesamte Mittelmeer gekommen.

Knaus verwies insbesondere auf die dramatische Lage in den
überfüllten Flüchtlingslagern der griechischen Ägäis-Inseln, hint
er
der er ein Kalkül der «Abschreckung» vermutet. «Die Menschen sind w
ie
in einem Gefängnis zusammengepfercht», sagt er. Sie dürften wegen der

Corona-Quarantäne «seit Monaten» nicht raus. «Es ist entwürdigend

Er appelliert an Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), sich für die
Geltung der Flüchtlingskonvention einzusetzen: «Deutschland kann mit
Griechenland eine bessere Lösung finden.»

Für Merkel hatte Knaus das EU-Abkommen mit der Türkei konzipiert, in
dem Ankara sich verpflichtete, über die türkische Grenze illegal nach
Griechenland gereiste Migranten zurückzunehmen, die kein Asyl
erhalten. Für jeden abgeschobenen Syrer wollte die EU aus der Türkei
einen anderen syrischen Flüchtling übernehmen. Zudem wurden Ankara
Milliardenhilfen zur Versorgung aufgenommener Flüchtlinge zugesagt.

Jetzt plädiert Knaus für weitere EU-Hilfen an Ankara für die
Integration syrischer Flüchtlinge. Die Schulbildung, medizinische
Versorgung und Sozialhilfe für Flüchtlinge in der Türkei
mitzufinanzieren sei im europäischen Interesse. «In der Türkei wäch
st
die Zahl der syrischen Flüchtlinge jährlich allein durch Geburten um
100 000.» Zudem solle man den Millionen Vertriebenen im nordsyrischen
Rebellengebiet Idlib mehr helfen. Es sei «nicht realistisch» zu
erwarten, dass die Türkei ohne weiteres Engagement der EU in dieser
Krise Menschen aus Griechenland zurücknehmen werde.