EU-Chefdiplomat warnt vor Sanktionsspirale mit der Türkei

09.07.2020 13:27

Brüssel (dpa) - EU-Chefdiplomat Josep Borrell hält neue Sanktionen
gegen die Türkei für kontraproduktiv. «Der aktuelle negative Trend in

unseren Beziehungen muss gestoppt und umgekehrt werden», sagte der
Spanier am Donnerstag im Europaparlament in Brüssel. Die Dynamik von
Vergeltungsmaßnahmen führe nicht zu mehr Sicherheit und Stabilität im

Mittelmeerraum. Dies lasse sich nur über Dialog und Verhandlungen
erreichen. «Die Türkei ist ein wichtiger Partner, ein
EU-Beitrittskandidat und ein Nato-Mitglied», betonte Borrell.

Für einen härteren EU-Kurs gegenüber der Türkei setzen sich in der
EU
vor allem Griechenland, Zypern und Frankreich ein. Zypern wirft der
Türkei illegale Erdgaserkundungen im Mittelmeer vor, Griechenland
beklagt unter anderem Verletzungen des griechischen Luftraums durch
Flüge türkischer Kampfflugzeuge sowie die Instrumentalisierung von
Migranten. Frankreich beschuldigt die Türkei, gegen das
UN-Waffenembargo gegen Libyen zu verstoßen. In Reaktion auf die als
illegal erachteten türkischen Erdgas-Erkundungen vor Zypern hat die
EU bereits Strafmaßnahmen gegen die Türkei verhängt.

Borrell will nun am Montag bei einem EU-Außenministertreffen in
Brüssel über das weitere Vorgehen diskutieren. Der Vorsitzende der
christdemokratischen EVP-Fraktion im Europaparlament, Manfred Weber,
forderte dazu erneut einen vollständigen Abbruch der bislang nur
ausgesetzten EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei. «Die
Beitrittsgespräche, die wir mit der Türkei führen, waren ein Fehler.

(...) In Europa gibt es in weiten Bereichen keine Bereitschaft, die
Türkei aufzunehmen», sagte der CSU-Politiker. Dieses Kapitel sollte
beendet werden.

Zudem schlug Weber vor, über das türkische Interesse an der Zollunion
mit der EU Druck auf Ankara auszuüben. Die EU wolle eine
Partnerschaft mit der Türkei, sei aber nicht naiv und habe
Möglichkeiten, auf türkische Erpressungsversuche zu reagieren, sagte
er. So sei die Zollunion von «existenzieller wirtschaftlicher
Bedeutung» für die Türkei.