EU-Kommissionsvize gegen Umwandlung von Hagia Sophia in Moschee

14.07.2020 09:54

Brüssel (dpa) - EU-Kommissionsvize Margaritis Schinas hat sich gegen
eine Umwandlung der Hagia Sophia in Istanbul in eine Moschee
ausgesprochen. Der aktuelle Status des weltberühmten Bauwerks müsse
beibehalten werden, sagte Schinas am Freitag im Europaparlament in
Brüssel. Andernfalls würden Toleranz und Offenheit Istanbuls
untergraben. Die Hagia Sophia sei ein Symbol des
glaubensübergreifenden und interkulturellen Dialogs, betonte Schinas.

Das Oberste Verwaltungsgericht in der Türkei befasst sich derzeit mit
der Frage, ob die Hagia Sophia wieder in eine Moschee umgewandelt
werden kann. Eine Entscheidung wird bis zum 15. Juli erwartet. Der
Status des Bauwerks ist ein Politikum. Der türkische Präsident Recep
Tayyip Erdogan hatte eine Umwandlung zuletzt vor den Kommunalwahlen
im vergangenen Jahr angekündigt. Die Hagia Sophia ist derzeit ein
Museum und Teil des Unesco-Weltkulturerbes.

2010, als Istanbul Kulturhauptstadt Europas gewesen sei, habe Erdogan
gesagt, die Metropole sei eine europäische Stadt, erklärte Schinas.
Das werde von Erdogan nun auch zehn Jahre später erwartet. Istanbul
habe immer nach Europa geblickt, so Schinas.

Sollte die Hagia Sophia wieder zur Moschee werden, könnten Touristen
sie dennoch besichtigen, ähnlich wie die nahe gelegene Blaue Moschee
in der Istanbuler Altstadt.

Die im 6. Jahrhundert nach Christus erbaute Hagia Sophia (griechisch:
Heilige Weisheit) war fast ein Jahrtausend lang das größte Gotteshaus
der Christenheit und Hauptkirche des Byzantinischen Reiches, in der
die Kaiser gekrönt wurden. Nach der Eroberung Konstantinopels 1453
durch die Osmanen wandelte Sultan Mehmet II. («Der Eroberer») die
Hagia Sophia in eine Moschee um.

Als äußeres Kennzeichen wurde unter Sultan Mehmet II laut
Nachschlagewerk Encyclopaedia Britannica zunächst ein hölzernes
Minarett hinzugefügt, das heute nicht mehr steht. Später wurden
weitere Minarette errichtet. Auf Betreiben des türkischen
Republikgründers Mustafa Kemal Atatürk ordnete der Ministerrat im
Jahr 1934 die Umwandlung in ein Museum an.