Bundesbankchef zu EU-Gipfel: Gemeinschaftsverschuldung bedenklich

26.07.2020 01:01

Berlin (dpa) - Bundesbankpräsident Jens Weidmann sieht die Aufnahme
gemeinsamer Schulden der EU-Staaten zur Bewältigung der Corona-Krise
kritisch. «Gemeinschaftsverschuldung für umfangreiche Transfers halte
ich grundsätzlich für bedenklich», sagte Weidmann den Zeitungen der
Funke Mediengruppe (Online: Sonntag, Print Montag). «Zumindest sollte
das Paket nicht als Sprungbrett für großangelegte EU-Verschuldung zur
regulären Haushaltsfinanzierung dienen.»

Es sei aber wichtig, dass sich die EU in der Krise als handlungsfähig
erwiesen habe. «Solidarität in Europa - auch finanzielle - halte ich
in dieser Situation für richtig», sagte Weidmann. «Damit die Mittel
sinnvoll und effizient verwendet werden, braucht es
Kontrollmechanismen.»

Die EU-Staaten hatten sich beim jüngsten Gipfel sehr schwer mit der
Einigung getan und vier Tage und Nächte gerungen. Der Weg für den
Gesamtdeal wurde frei, nachdem die sogenannten sparsamen Staaten
akzeptiert hatten, dass gemeinsame Schulden aufgenommen werden und
Geld als Zuschuss an EU-Staaten geht. Im Gegenzug willigten
Deutschland, Frankreich, Italien und Spanien ein, die Summe dieser
Zuschüsse von 500 Milliarden auf 390 Milliarden Euro zu verringern.