Deutschland schickt Fregatte für Libyenembargo-Einsatz ins Mittelmeer Von Ansgar Haase, dpa

28.07.2020 04:35

Für rund 250 deutsche Marinesoldaten beginnt in der kommenden Woche
ein heikler Einsatz. Vor Libyen sollen sie die Einhaltung des
Waffenembargos kontrollieren. Was dabei alles passieren kann, zeigte
jüngst ein aufsehenerregender Zwischenfall mit der Türkei.

Brüssel/Wilhelmshaven (dpa) - Deutschland wird in der kommenden Woche
eine Fregatte für den EU-Marineeinsatz zur Überwachung des
UN-Waffenembargos gegen Libyen ins Mittelmeer entsenden. Nach
Informationen der Deutschen Presse-Agentur werden an Bord der
«Hamburg» etwa 250 Soldatinnen und Soldaten sein. Sie sollen Mitte
August im Einsatzgebiet eintreffen.

Ziele der Operation Irini sind die Stabilisierung des
nordafrikanischen Bürgerkriegslandes Libyen sowie die Unterstützung
des UN-geführten politischen Friedensprozesses. Neben Waffenschmuggel
soll sie auch Ölschmuggel verhindern.

Im Libyen herrscht seit dem mit westlicher Hilfe erfolgten Sturz des
Langzeitherrschers Muammar al-Gaddafi im Jahr 2011 Bürgerkrieg. Die
Regierungstruppen werden maßgeblich von der Türkei unterstützt, ihre

Gegner von Ägypten, den Vereinigten Arabischen Emiraten und Russland.
Alle Versuche, in dem Konflikt zu vermitteln, blieben bisher
erfolglos - darunter auch eine Libyenkonferenz in Berlin im Januar.

Für die EU ist eine Lösung des Konflikts auch deswegen wichtig, weil
die chaotischen Zustände in dem Land das Geschäft von Schlepperbanden
begünstigen, die Migranten illegal über das Mittelmeer nach Europa
bringen.

Als Länder, die mutmaßlich gegen das UN-Waffenembargo verstoßen,
gelten die Türkei sowie die Vereinigten Arabischen Emirate und
Russland. Der Türkei wird unter anderem von Frankreich vorgeworfen,
Kriegsmaterial an die Truppen der libyschen Einheitsregierung zu
liefern. Die Türkei hingegen bezichtigt Länder wie die Vereinigten
Arabischen Emirate, den Regierungsgegner General Chalifa Haftar mit
Waffenlieferungen zu unterstützen.

Deutschland, Frankreich und Italien hatten Ländern, die gegen das für
Libyen geltende UN-Waffenembargo verstoßen, zuletzt sogar Sanktionen
angedroht. Die Drohung kam auf eine Initiative Frankreichs zustande,
nachdem vor kurzem eine französische Fregatte von einem türkischen
Kriegsschiff daran gehindert worden war, ein verdächtiges
Frachtschiff zu kontrollieren.

Nach französischer Darstellung richtete das türkische Schiff zur
Abschreckung sogar sein Feuerleitradar auf die französische Fregatte.
Da solche Systeme in der Regel nur benutzt werden, um Zieldaten für
den Gebrauch von Waffensystemen zu liefern, war dies von Frankreich
als «extrem aggressiv» gewertet und beim jüngsten
Nato-Verteidigungsministertreffen angesprochen worden.

Zur Überwachung des Waffenembargos sind neben Schiffen auch Flugzeuge
und Satelliten im Einsatz. Deutschland unterstützt die Operation
Irini so schon seit Mai mit einem Seefernaufklärungsflugzeug des Typs
P-3C Orion. Hinzu kommt Personal im operativen Hauptquartier in Rom
in Italien und auf dem Flaggschiff.

Die jetzt in den Einsatz geschickte Fregatte «Hamburg» zählt zum 2.
Fregattengeschwader der Marine, das seinen Heimathafen in
Wilhelmshaven hat. Das 143 Meter lange Kampfschiff der Sachsen-Klasse
ist unter anderem auf Seeraumkontrolle spezialisiert. Eigentlich
hätte die Besatzung der «Hamburg» derzeit auf einer
Auslandsausbildungsreise im Indischen Ozean sein sollen und sogar
Australien besuchen sollen. Wegen der Operation und der
Corona-Pandemie wurde diese Fahrt allerdings verschoben.