Neue Proteste gegen Lukaschenko nach Freilassung von Gefangenen

14.08.2020 09:13

Minsk (dpa) - Nach der Freilassung vieler Gefangener in Belarus
(Weißrussland) haben in dem Land neue Proteste gegen Gewalt und
Willkür unter Präsident Alexander Lukaschenko begonnen. Hunderte
Ärzte und Frauen bildeten am Freitagmorgen in der Hauptstadt Minsk
Menschenketten, um gegen das brutale Vorgehen der Sicherheitskräfte
gegen friedliche Kundgebungen zu demonstrieren. Die Proteste richten
sich gegen den 65-jährigen Lukaschenko. Der Staatschef hatte sich
nach 26 Jahren an der Macht nach der Wahl am Sonntag mit rund 80
Prozent der Stimmen zum sechsten Mal in Folge zum Sieger ausrufen
lassen.

Ein großer Teil der Bevölkerung hält dagegen die 37 Jahre alte
Lukaschenko-Gegnerin Swetlana Tichanowskaja für die eigentliche
Gewinnerin der Abstimmung. Sie ist aus Angst um ihre Sicherheit und
die ihrer Kinder in das benachbarte EU-Land Litauen geflüchtet.

Auch Arbeiter in Staatsbetrieben traten am Morgen erneut in den
Streik gegen den Machtapparat. Der Druck auf Lukaschenko ist damit
nach Meinung von Beobachtern erneut gewachsen. Der Staatschef wollte
sich noch am Freitag in einer Rede an die Nation zur Lage äußern, wie
eine Sprecherin der Präsidialverwaltung sagte.

In der Nacht zum Freitag hatten die Behörden viele der rund 7000 im
Zuge der Proteste festgenommenen Bürger wieder auf freien Fuß
gesetzt. Viele Menschen berichteten von schwersten Misshandlungen im
Gefängnis und zeigten ihre Wunden. Die EU hatte die Freilassung der
Inhaftierten verlangt. Die EU-Außenminister wollen am
Freitagnachmittag über die Lage in der Ex-Sowjetrepublik beraten.