CO2-Werte bei Autos sollen bis 2030 nochmals deutlich sinken Von Verena Schmitt-Roschmann, dpa

13.09.2020 15:15

Die Autoindustrie steht im Umbruch - hin zu mehr Elektro und mehr
digitaler Technik. Doch neue EU-Klimaziele könnten den Druck auf die
Hersteller noch erhöhen.

Brüssel (dpa) - Die Autoindustrie muss sich bis 2030 auf noch
strengere Grenzen für den Ausstoß von Kohlendioxid einstellen, wenn
das EU-Klimaziel wie geplant verschärft wird. Dann müsste der
CO2-Ausstoß bei Autos pro Kilometer von 2021 bis 2030 um 50 Prozent
sinken, heißt es in einem internen Papier der EU-Kommission. Die
deutsche Autobranche warnte am Wochenende dringend vor einer weiteren
Verschärfung, zumal die Hersteller bereits in der Krise stecken.

EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen will nächste Woche einen
Vorschlag für ein drastisch verschärftes Klimaziel für 2030 machen.
Nach dem «Klimazielplan» ihrer Behörde, der der Deutschen
Presse-Agentur vorliegt, soll statt einer Senkung der
EU-Treibhausgase um 40 Prozent ein Minus von 55 Prozent erreicht
werden, jeweils im Vergleich zu 1990. Dazu hat die Kommission eine
Machbarkeitsstudie erstellt, einschließlich Zahlen für den
Autoverkehr.

Zur Erreichung des bisherigen Ziels ist festgeschrieben, dass die
CO2-Werte von Neuwagen bis 2030 um 37,5 Prozent sinken sollen. Wird
das gesamte EU-Klimaziel verschärft, müsste auch im Verkehr
nachgesteuert werden. «Bis Juni 2021 wird die EU-Kommission deshalb
die CO2-Standards für Autos und Vans überprüfen und stärken», hei
ßt
im «Klimazielplan», über den zuerst die «Süddeutsche Zeitung»
berichtet hatte.

Der Verband der Automobilindustrie wies die Pläne zurück. «Wir stehen

zu den bestehenden, sehr ambitionierten CO2-Zielen für Pkw und
leichte Nutzfahrzeuge sowie für schwere Nutzfahrzeuge bis 2030»,
sagte ein VDA-Sprecher am Samstag. Diese erforderten bereits enorme
Investitionen. Eine weitere Zielverschärfung würde den dramatischen
Konjunktureinbruch und die Folgen der Corona-Krise nicht
berücksichtigen. Dies würde die Autoindustrie in Europa überfordern
und zusätzlich Arbeitsplätze gefährden, argumentiert der VDA.

Ähnlich äußerte sich der niedersächsische Ministerpräsident Steph
an
Weil in den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Montag). «Man darf das
Rad nicht überdrehen, sonst bleiben schlimmstenfalls große
Industriebranchen und abertausende von Arbeitsplätzen auf der
Strecke, während die CO2-Emissionen in anderen Ländern steigen»,
sagte der SPD-Politiker, der als Ministerpräsident auch im
Aufsichtsrat von Volkswagen sitzt.

Umweltministerin Svenja Schulze (ebenfalls SPD) unterstützte hingegen
die EU-Kommission. Bei einem erhöhten Klimaziel müssten alle
mitwirken, sagte sie ebenfalls den Funke-Zeitungen. «Deshalb müssen
auch die Klimaanforderungen an neue Autos weiter erhöht werden. Mit
den zahlreichen und sehr umfassenden Fördermaßnahmen zur
Elektromobilität, die wir als Bundesregierung jetzt bereitstellen,
kann das auch gelingen.»

Die Autoindustrie steht mitten in einem schwierigen Wandel hin zu
alternativen Antrieben und immer mehr Internet im Auto. Vor allem
mittelständische Zulieferer hängen noch am Verbrennungsmotor, der mit
immer schärferen Klimazielen noch schneller verdrängt würde. Sie
leiden zudem unter der Absatzflaute in der Corona-Pandemie.

Umweltschützer drängen die EU-Kommission jedoch zu noch
ambitionierteren Zielen. Eine Senkung der CO2-Werte bei Neuwagen um
60 Prozent sei bis 2030 technisch machbar und klimapolitisch
notwendig, erklärte der Bund für Umwelt und Naturschutz. Wichtig sei
darüber hinaus, dass die Angaben zum Kraftstoffverbrauch - anders als
bisher - der Realität entsprächen und nicht geschönt würden.