EU-Vizepräsident fordert USA eindringlich zur Zusammenarbeit auf

14.09.2020 11:30

In Handelsfragen gibt es zwischen der EU und den USA viele
Streitpunkte. Zumindest bei einer Frage könnte bald Bewegung
reinkommen.

Brüssel (dpa) - Angesichts vieler Streitigkeiten zwischen der
Europäischen Union und den USA hat EU-Kommissionsvize Valdis
Dombrovskis eindringlich zur Zusammenarbeit aufgerufen. «Wir leben in
einer Zeit außerordentlicher Herausforderungen und Schwierigkeiten»,
betonte Dombrovskis am Montag in Brüssel. «Dies ist eine Zeit, in der
wir unsere Freunde eng bei uns behalten müssen und uns an Allianzen
erinnern, die wirklich zählen.» Die EU und die USA müssten eng
kooperieren, um die Erholung der globalen Wirtschaft zu
gewährleisten. Dombrovskis soll künftig als Nachfolger des
zurückgetretenen Phil Hogan auch für die EU-Handelspolitik zuständig

sein.

Der Lette forderte, die Streitpunkte - wie die Reform der
Welthandelsorganisation (WTO), US-Strafzöllen wegen unzulässiger
EU-Sanktionen für den Flugzeugbauer Airbus oder der Besteuerung
großer Digitalkonzerne - rasch beizulegen. Die EU bevorzuge bei der
Digitalsteuer eine globale Lösung mit Hilfe der Organisation für
wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) und nicht
einseitige Maßnahmen. «Wir hoffen auf Fortschritte auf globaler Ebene
- aber wenn es keine gibt, werden wir in der ersten Hälfte des
kommenden Jahres einen Vorschlag für Digitalsteuern vorlegen.»

Bewegung in die Verhandlungen über eine Beilegung der Streitigkeiten
könnte eine Entscheidung der WTO bringen. Nach Angaben von
Dombrovskis dürfte die WTO in den kommenden Wochen feststellen, dass
die EU mit Strafzöllen in Milliardenhöhe auf rechtswidrige
Subventionen für den Flugzeugbauer Boeing reagieren darf. Eine Liste
mit US-Produkten, die für Strafzölle in Frage kommen, liegt bereits
seit längerem bereit.

Darauf verzichten will die EU nur, wenn die USA im Gegenzug auch ihre
Strafzölle aufheben und sich um eine einvernehmliche Beilegung der
Konflikte bemühen. Wegen jahrelanger rechtswidriger Subventionen für
den europäischen Flugzeugbauer Airbus hatten die USA bereits im
vergangenen Jahr das Recht erhalten, Strafzölle von bis zu 100
Prozent auf Waren im Wert von 7,5 Milliarden Dollar zu erheben.
Washington erließ deswegen Strafzölle in Höhe von 25 Prozent auf
zahlreiche Produkte aus Europa.

Noch immer ungelöst ist auch der Streit um US-Sonderzölle auf Stahl-
und Aluminiumimporte, auf die die EU mit Vergeltungszöllen auf
US-Produkte reagierte. US-Präsident Donald Trump hatte die Zölle
eingeführt, weil er den Exportüberschuss der EU-Länder gegenüber de
n
USA für ungerecht und gefährlich für die Sicherheit seines Landes
hält.

Eine Zusammenarbeit von EU und USA sei umso wichtiger, als dass
andere Akteure nur darauf warteten, jede Störung der
transatlantischen Beziehungen zu nutzen, sagte Dombrovskis, ohne
China namentlich zu nennen. «Gerade jetzt braucht die Welt freien und
fairen Handel mehr denn je.» Europa und die USA seien auf vielfältige
Weise verbunden. «Und obwohl es derzeit einige Spaltungen und
Spannungen gibt, die sich wirklich negativ auswirken und die wir sehr
ernst nehmen müssen, werden diese Themen durch die Dinge, die wir
teilen, in den Schatten gestellt.»