Flüchtlingslager unter EU-Führung könnte in Griechenland entstehen

14.09.2020 18:01

Brüssel (dpa) - Nach dem Brand des griechischen Flüchtlingslagers
Moria könnte ein neues Lager unter gemeinsamer Führung der EU und
Griechenlands entstehen. Es habe in den vergangenen Tagen
Überlegungen gegeben, «dass ein solches Flüchtlingslager sowohl von
den griechischen Behörden und gegebenenfalls auch von den Agenturen
der Europäischen Union mitgeleitet werden kann», sagte
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am Montag nach einer
Videokonferenz mit Chinas Präsident Xi Jinping.

Zugleich kündigte sie an, dass die EU-Kommission ihre Vorschläge für

eine EU-Asylreform eine Woche früher als geplant, also schon am 23.
September, präsentieren werde. Dies solle die Diskussion um die
Reform beschleunigen.

Mit Blick auf mögliche Flüchtlingszentren unter griechischer und
EU-Führung sei wichtig, dass die jeweiligen Zuständigkeiten und
Verantwortlichkeiten klar geklärt seien, sagte von der Leyen. «Wir
werden genau auch miteinander verabreden müssen, untere welchen
vertraglichen Bedingungen - ein Memorandum of Understanding - wir so
etwas angehen könnten.» Zudem sei wichtig, dass ein «solches
Pilotprojekt» eng an die Überlegungen des Migrationspakts gebunden
sei, den die EU-Kommission nun schon kommende Woche Mittwoch
vorstellen werde.

Bundeskanzlerin Angela Merkel sicherte deutsche Unterstützung zu,
wenn auf der Insel Lesbos ein neues Aufnahmezentrum eingerichtet
werden soll. Athen habe Vorstellungen geäußert, «die ich sehr
unterstütze», sagte die CDU-Politikerin. Demnach solle nicht mehr nur
von griechischer Seite, sondern auch von europäischer Seite
Verantwortung übernommen werden. Das wäre jedenfalls ein
Pilotprojekt, über das man nachdenken müsse. So lägen die
Hoheitsrechte erst einmal bei Griechenland, so Merkel. Es müsse einen
Vertrag geben, dass dort auch europäisch gehandelt werden könne. «Ich

hielte das für einen wirklich wichtigen Schritt auf dem Weg zu einer
stärkeren Europäisierung der Migrationspolitik.»

Als EU-Staat mit Außengrenzen habe Griechenland sehr viel
Verantwortung übernommen, sagte Merkel. «Deshalb hat Griechenland
auch Unterstützung verdient», so die Kanzlerin. Diese solle möglichst

europäisch organisiert sein. Da gehe es auch um die Frage, welcher
Personenkreis besonders bedürftig sei und wen man zusätzlich
aufnehmen könne. «All das muss in ein Paket gepackt werden. Es hat
überhaupt keinen Sinn, jetzt nur über eine Zahl zu sprechen.» Jeder
wisse, dass die europäische Aufgabe der Migrationspolitik nicht
allein von Deutschland gelöst werden könne.

Die EU-Staaten sind seit Jahren völlig zerstritten über die
gemeinsame Asyl- und Migrationspolitik. Knackpunkt ist vor allem die
Verteilung Schutzsuchender auf die EU-Länder. Der neue Vorschlag der
EU-Kommission soll die Blockade lösen. EU-Staaten und Europaparlament
müssen darüber anschließend noch verhandeln.