Trotz Johnsons Brexit-Kompromiss: EU hält an Ultimatum fest

17.09.2020 18:01

Brüssel/London (dpa) - Die EU-Kommission pocht weiter darauf, dass
die britische Regierung umstrittene Pläne zur Änderung des gültigen
Brexit-Vertrags bis Ende September zurückzieht. «Daran hat sich
nichts geändert», sagte Kommissionssprecher Eric Mamer am Donnerstag
auf eine Frage zum britischen Binnenmarktgesetz.

Das geplante Gesetz verstößt nach einem Eingeständnis der britischen

Regierung in Teilen gegen den 2019 zwischen Brüssel und London
ausgehandelten Brexit-Vertrag. Da dies auch viele Abgeordnete im
Unterhaus kritisch sehen, hat Premier Boris Johnson dem Parlament
zusätzliche Kontrolle über die Anwendung der umstrittenen Klauseln
versprochen.

Der Premier einigte sich mit seinen parteiinternen Kritikern darauf,
dass die geplanten Maßnahmen nur im äußersten Notfall zum Einsatz
kommen sollten. Einen solchen Fall müsste die Regierung dem Parlament
schlüssig erklären und erneut abstimmen lassen.

Damit scheint die Rebellion in der konservativen Tory-Fraktion
abgewendet. Die Bedenken der EU sind damit jedoch nicht ausgeräumt:
Ist Großbritannien nicht vertragstreu, will Brüssel kein neues
Abkommen abschließen. Ein solcher Vertrag soll die
Wirtschaftsbeziehungen mit der EU neu regeln - doch die Verhandlungen
stocken. Nach dem Ende der Brexit-Übergangsphase droht ohne Vertrag
ein harter Bruch mit Zöllen und hohen Handelshürden.

Ein Sprecher von EU-Unterhändler Michel Barnier stellte auf Twitter
klar, dass die EU nicht drohe, Lebensmittellieferungen aus
Großbritannien ins britische Nordirland zu unterbinden. Eine solche
«Lebensmittel-Blockade» hatte Johnson zuvor in einem Szenario
beschrieben, in dem sein Gesetz notwendig für die Einheit
Großbritanniens sein könnte. Für diese Lebensmittel seien auch
künftig EU-Regeln gültig - dem habe Großbritannien zugestimmt, hieß

es von der EU. Die nötige EU-Anerkennung britischer
Lebensmittelstandards werde erteilt, wenn London seine Pläne für
künftige Standards ausreichend erläutert habe.

Bei dem umstrittenen Gesetz geht es konkret um Sonderregeln für das
britische Nordirland, die eine harte Grenze zum EU-Staat Irland und
neue Feindseligkeiten dort verhindern sollen.

Am Montag hatte sich trotz Gegenwinds in einer ersten Abstimmung die
Mehrheit der britischen Abgeordneten für das Gesetz ausgesprochen.
Das Votum galt als Stimmungsbarometer - die Debatte über den
Gesetzesentwurf geht weiter. Nach der entscheidenden Abstimmung am
Dienstag muss das Gesetz noch das Oberhaus passieren.