Gutachten: Regionalwerbung in nationalen TV-Sendern zu recht verboten

15.10.2020 13:45

Luxemburg (dpa) - Bundesweiten TV-Programmen in Deutschland darf
einem Gutachten zufolge grundsätzlich verboten werden, Werbung nur in
einem bestimmten regionalen Gebiet auszustrahlen. Die im
Rundfunkstaatsvertrag aufgeführte Regelung steht EU-Recht im Grunde
nicht entgegen, wie aus einem Gutachten hervorgeht, das Generalanwalt
Maciej Szpunar am Donnerstag am Gerichtshof der Europäischen Union
(EuGH) in Schlussanträgen vorlegte. Zu klären sei aber, ob das Verbot
bezogen auf die eingeschränkte Dienstleistungsfreiheit
verhältnismäßig ist oder ob es mildere Regelungen geben könnte.

Ein Urteil steht noch aus und soll zu einem späteren Zeitpunkt
gesprochen werden. Das Gutachten ist für die Richter nicht bindend.

Es geht im konkreten Fall um eine österreichische Modefirma und den
Medienkonzern ProSiebenSat.1 in Unterföhring bei München. 2018 hatten
sie laut Gutachten einen Vertrag geschlossen, mit dem die Modefirma
erreichen wollte, dass das bundesweite TV-Programm ProSieben ihre
Werbung nur in Bayern ausstrahlt. Doch es kam dazu nicht, die Firma
klagte.

Laut Rundfunkstaatsvertrag ist eine regionale Verbreitung von Werbung
in einem bundesweit ausgerichteten TV-Programm nur dann gestattet,
wenn das Recht in dem jeweiligen Bundesland dies zulässt. Und es
braucht eine gesonderte Genehmigung. Hintergrund des Ganzen ist auch,
die Position von lokalen und regionalen Medien im Sinne der
Meinungsvielfalt zu stärken.

Das Landgericht Stuttgart, das sich um den Rechtsfall kümmert, hatte
den EuGH um Einschätzung gebeten. Der Europäische Gerichtshof
entscheidet aber nicht über den Rechtsstreit, sondern das Gericht in
Stuttgart.

Der Generalanwalt betonte, dass das Werbeverbot EU-Regeln zum freien
Dienstleistungsverkehr nicht entgegensteht, «sofern es keine weniger
restriktiven Maßnahmen gibt, die der nationale Gesetzgeber
tatsächlich einführen könnte und die es ermöglichen würden, das Z
iel
des Schutzes der Meinungsvielfalt auf regionaler und lokaler Ebene zu
erreichen». Das Landgericht Stuttgart habe das zu prüfen. Es heißt
dazu auch: Man könne sich andere, weniger restriktive Maßnahmen als
ein absolutes Verbot vorstellen, «etwa eine Beteiligung regionaler
und lokaler Rundfunkveranstalter an den Einnahmen, die nationale
Rundfunkveranstalter aus einer solchen regionalisierten Werbung
erzielen würden.»