Kreml kritisiert EU-Sanktionen im Fall Nawalny als «schädlich»

15.10.2020 13:48

Moskau (dpa) - Russland hat die wegen der Vergiftung des Kremlgegners
Alexej Nawalny verhängten EU-Sanktionen scharf kritisiert und
Gegensanktionen angekündigt. «Zu unserem Bedauern ist das ein bewusst
unfreundlicher Schritt in den Beziehungen mit Russland», sagte
Kremlsprecher Dmitri Peskow am Donnerstag der Agentur Interfax
zufolge. Die Entscheidung schade dem Verhältnis, betonte er. Moskau
sehe auch keine Logik in der Auswahl der mit Sanktionen belegten
Vertreter des Landes. Zuvor hatte Außenminister Sergej Lawrow
Strafmaßnahmen Russlands gegen EU-Vertreter angekündigt.

Wer auf der russischen Liste steht, war zunächst unklar.
Die Antwort werde den Interessen Russlands entsprechen, sagte Peskow,
ohne Details zu nennen. Er zeigte sich verwundert darüber, dass die
EU ihre Beziehungen zu Russland mit Blick auf das Schicksal eines
Menschen gestalte, «der in Europa als Anführer irgendeiner Opposition
angesehen wird». Das könne nur Bedauern hervorrufen.

Auf der EU-Liste stehen etwa Inlandsgeheimdienst-Chef Alexander
Bortnikow und der Vizechef der Präsidialverwaltung, Sergej Kirijenko.
Auch zwei Vizeverteidigungsminister und der Vertraute von Kremlchef
Wladimir Putin, Jewgeni Prigoschin, sind aufgeführt.

Experten in Moskau kommentierten, dass die mit den Sanktionen
verbundenen Reise- und Kontosperren für die meisten Russen auf der
Liste völlig bedeutungs- und wirkungslos seien. Bortnikow oder auch
die Vizeverteidigungsminister sind in Russland schon von Amtswegen
eingeschränkt in ihren Kontakten mit dem Ausland.

Dagegen zeigte sich der Geschäftsmann Prigoschin enttäuscht von der
Nennung auf der Liste. Das habe Folgen für seine zahlreichen Projekte
in den Ländern der EU, teilte er mit. «Wahrscheinlich werde ich mich
jetzt seltener mit meinen Freunden aus dem Europaparlament treffen,
von denen viele sehr ordentliche Menschen sind, die - wie ich -
Anhänger konservativer Werte sind und die mich unterstützen.»