Corona: EU-Ratschef fordert einheitliche Linie und warnt vor Tragödie

27.10.2020 18:47

Brüssel (dpa) - Im Kampf gegen die Corona-Krise fordert EU-Ratschef
Charles Michel dringend eine gemeinsame Linie der 27 EU-Staaten bei
Quarantäneregeln, Tests und Tracing-Apps. Bisher habe man noch nicht
die gewünschten Ergebnisse erzielt, kritisierte Michel am Dienstag.
Jetzt sei entschlossenes Handeln gefordert. «Jeder Tag zählt.»

Michel äußerte sich vor dem für Donnerstag geplanten
Corona-Videogipfel der EU-Staats- und Regierungschefs äußerst
besorgt. «Die Situation eskaliert von besorgniserregend zu
alarmierend», schrieb der Ratspräsident in einem Newsletter. «Jetzt
müssen wir eine Tragödie verhindern.»

Konkret mahnte Michel eine koordinierte Zulassung von sogenannten
Antigen-Schnelltests an. Ihre Produktion müsse auf europäischer Ebene
strategisch gesichert werden. Denn die bisher hauptsächlich genutzten
PCR-Tests benötigten zu viel Aufwand und Laborkapazität.

Als zweiten Punkt nannte der Ratspräsident eine wirksame Methode zur
Rückverfolgung von Infektionen. Dazu müssten sich die EU-Staaten auf
einen gemeinsamen Standard für kompatible, sichere und wirksame
Tracing-Apps einigen, die auch die Privatsphäre schützen. Zudem seien
gemeinsame Regeln für Selbstisolation und Quarantäne nötig.

Darüber hinaus drang Michel auf einen gemeinsamen Ansatz beim Impfen.
Einen Impfstoff erwarte man für Ende 2020 oder Anfang 2021,
allerdings zunächst nicht für alle. «Wir müssen Chaos unbedingt
vermeiden», schrieb der Ratschef. Nötig seien Kriterien für die
Verteilung künftiger Impfstoffe in Europa, aber auch in den
jeweiligen Ländern an Gruppen, die zuerst drankommen sollen, etwa
ältere Menschen oder Gesundheitspersonal. Auch die Logistik für
Vergabe und Kühlung der Impfstoffe müsse gelöst werden.

Michel mahnte, Patchwork beim Krisen-Management zu vermeiden.
Andernfalls könnten einige EU-Staaten die Pandemie besser überstehen
als andere, was die wirtschaftlichen Unterschiede noch verstärken
würde, warnte der Ratspräsident. «Der gesunde Menschenverstand
gebietet es mehr denn je, dass wir in Europa gemeinsam handeln, durch
Einheit und Solidarität.»