Europa gegen Corona: Merkel und Co. beraten bei Videogipfel

29.10.2020 05:00

Mehr als eine Million Fälle in einer Woche, rund 1000 Tote pro Tag:
Die Pandemie trifft Europa hart. Die EU-Staaten halten dagegen - im
Idealfall gemeinsam.

Brüssel (dpa) - Angesichts der Wucht der zweiten Corona-Welle in ganz
Europa wollen die EU-Staats- und Regierungschefs am Donnerstag eine
gemeinsame Linie bei Test- und Impfstrategien suchen. Dazu schalten
sich Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und ihre EU-Kollegen am
Abend (18.30 Uhr) per Video zusammen. Bereits am Morgen will Merkel
in einer Regierungserklärung im Bundestag die deutschen Maßnahmen
gegen die Pandemie erläutern.

Überall in Europa steigen die Infektionszahlen rasant. Allein in der
vergangenen Woche gab es nach Angaben der EU-Kommission 1,1 Millionen
bestätigte Corona-Fälle in Europa, täglich werden derzeit etwa 1000
Covid-19-Todesfälle registriert. Nicht nur Deutschland, sondern auch
die EU-Partner fahren das öffentliche Leben zurück, um die Welle zu
brechen.

Die Grünen-Bundestagsabgeordnete Franziska Brantner forderte konkrete
Maßnahmen zur Abstimmung der 27 Länder. «So wie Merkel bei den
Ländern im Bund auf einheitliche Maßnahmen gedrungen hat, muss sie es
jetzt auch bei den Ländern in Europa tun», sagte Brantner der
Deutschen Presse-Agentur. «Wir brauchen nicht nur gemeinsame
Kriterien für Risikogebiete, sondern auch einheitliche Quarantäne und
Testvorgaben.»

Genau das ist auch das Ziel von EU-Ratschef Charles Michel, der den
Videogipfel einberufen hat. Konkret hofft er auf eine möglichst
einheitliche Linie bei Quarantäneregeln, Tests und Tracing-Apps.
Bisher habe man noch nicht die gewünschten Ergebnisse erzielt, räumte
Michel diese Woche ein.

Tatsächlich lief die Abstimmung der EU-Staaten in der Krise vor allem
am Anfang schlecht. Im Frühjahr verärgerten sich die Partner
gegenseitig mit Grenzschließungen und Exportstopps für
Schutzkleidung. Zeitweise stauten sich Lastwagen an den Grenzen über
Dutzende Kilometer. Seither geben sich die Staaten mehr Mühe, an
einem Strang zu ziehen. Allerdings: In der Gesundheitspolitik hat die
EU kaum mitzureden, das ist Sache der Mitgliedsstaaten.

Einige konkrete Vorschläge für gemeinsame Maßnahmen hat
EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen am Mittwoch dennoch
gemacht. So legte sie eine Empfehlung für den Einsatz der neuen
Antigen-Schnelltests vor, die binnen 15 Minuten ein Ergebnis zeigen.
Diese könnten gemeinsam für die EU-Staaten beschafft werden.

Zur Rückverfolgung von Infektionen sollen die EU-Staaten kompatible
Apps einführen und für die Nutzung werben. Zudem sollen sie der
EU-Seuchenbehörde ECDC und der Kommission mehr Daten zum
Infektionsgeschehen übermitteln. Auch bei den Impfstrategien sollen
sich die Staaten abstimmen - zum Beispiel, wer zuerst geimpft wird,
sobald ein Serum zur Verfügung steht.

Schließlich geht es auch um einen Konsens bei Quarantäne- und
Testpflichten für Reisende. Bis Dezember soll ein einheitliches
Formular erstellt werden, das Reisende ausfüllen müssen. So sollen
mögliche Kontakte besser verfolgt werden können.