Ungarn und Polen blockieren Beschluss für EU-Corona-Hilfen

16.11.2020 15:40

Ungarn und Polen machen ihre Drohungen wahr und blockieren das 1,8
Billionen Euro schwere EU-Finanzpaket für die kommenden Jahre. Mitten
in der Corona-Pandemie steckt die Europäische Union erneut in einer
schweren politischen Krise. Nun ist auch Kanzlerin Merkel gefragt.

Brüssel (dpa) - Der notwendige Beschluss für die milliardenschweren
Corona-Hilfen der EU ist blockiert. Ungarn und Polen verhinderten am
Montag aus Protest gegen ein neues Verfahren zur Ahndung von
Verstößen gegen die Rechtsstaatlichkeit, dass der politische
Entscheidungsprozess wie geplant fortgesetzt werden kann, wie mehrere
Diplomaten der Deutschen Presse-Agentur bestätigten.

Betroffen von dem Veto ist neben den geplanten
Corona-Wiederaufbauhilfen im Umfang von bis zu 750 Milliarden Euro
auch der langfristige EU-Haushalt. Er umfasst für die nächsten sieben
Jahr Mittel in Höhe von knapp 1,1 Billionen Euro und finanziert zum
Beispiel Zuschüsse für die Landwirtschaft und Forschungsprogramme.

Die EU steckt damit inmitten der Corona-Krise erneut in einer
schweren politischen Krise. Nach Angaben von Diplomaten werden nun
Bundeskanzlerin Angela Merkel, EU-Ratspräsident Charles Michel und
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen über das weitere
Vorgehen beraten müssen. Der Streit wird dann vermutlich zum Thema
einer für Donnerstag geplanten Videokonferenz der Staats- und
Regierungschefs. Bei ihr sollte es eigentlich vor allem um eine
bessere Zusammenarbeit gegen die Corona-Pandemie gehen.

Kann das Finanzpaket nicht auf den Weg gebracht werden, wird der EU
ab dem kommenden Jahr nur noch ein Nothaushalt zur Verfügung stehen.
Zudem könnten die Corona-Hilfen nicht fließen, die Länder wie Italien

und Spanien vor einem wirtschaftlichen Absturz bewahren sollen.

Die Auszahlung der ersten Mittel sollte eigentlich im Laufe des
zweiten Quartals 2021 möglich gemacht werden. Dafür ist neben den am
Montag blockierten Beschlüssen aber auch noch ein aufwendiger
Ratifizierungsprozess notwendig. Nach Angaben aus der EU-Kommission
müssen dazu in fast allen EU-Ländern auch die nationalen Parlamente
mit dem Thema befasst werden.

Das von Ungarn und Polen kritisierte Verfahren zum Schutz der
Rechtsstaatlichkeit sieht vor, künftig bei bestimmten Verstößen gegen

Grundwerte der EU die Kürzung von EU-Mitteln zu ermöglichen. Das
Instrument soll zwar nur dann zum Einsatz kommen können, wenn ein
Missbrauch von EU-Mitteln droht. Dies könnte aber schon der Fall
sein, wenn eine mangelnde Unabhängigkeit von Gerichten begründete
Bedenken weckt, dass Entscheidungen über die Verteilung von
EU-Mitteln nicht mehr unabhängig kontrolliert werden können. Vor
allem den Regierungen in Ungarn und Polen wurde zuletzt immer wieder
vorgeworfen, ihren Einfluss auf die Justiz auszubauen.