Autoländer mahnen EU zu Rücksicht auf Arbeitsplätze

18.11.2020 20:44

München (dpa) - Die Autoländer Bayern, Baden-Württemberg und
Niedersachsen haben die EU-Kommission zu Anpassungen bei ihrer Klima-
und Wirtschaftspolitik aufgefordert. In einer gemeinsamen «Agenda für
eine erfolgreiche Transformation der Automobilwirtschaft» mahnen sie
an, bei einer Erhöhung der Flottengrenzwerte auch die Auswirkungen
auf die mittelständischen Zulieferer in den Blick zu nehmen.

Die drei Länder begrüßten in dem am Mittwoch bekannt gewordenen
Papier das EU-Ziel, die Treibhausemissionen bis 2030 um 55 Prozent zu
reduzieren und den Emissionshandel auf den Verkehrssektor
auszuweiten. Aber Emissionshandel und sektorspezifische Maßnahmen
stünden «in einem hohen regulativen Spannungsverhältnis». Der
Regulierungsrahmen müsse konsistent sein, um den Umbau zu einer
nachhaltigen Industrie mit zukunftsfähigen Arbeitsplätzen zu
unterstützen.

In Baden-Württemberg, Bayern und Niedersachsen hängen eine Millionen
Arbeitsplätze vom Autobau ab, in Deutschland insgesamt 2,2 Millionen.
Die drei Länder forderten die EU-Kommission auf, bei allen
Vorschlägen die Technologieneutralität zu fördern. Politik könne
Rahmenbedingungen schaffen; «die Auswahl der wirtschaftlich
effizientesten Mittel kann aber nicht vom Staat übernommen werden».

Bei der Batteriezellenproduktion drohten europäische Hersteller und
Zulieferer den Anschluss zu verlieren. Die bisherige Förderung sei
«nicht geeignet». Fabriken seien auch auf europaweit
wettbewerbsfähige Strompreise angewiesen.

Europaweit müsse es auch mehr Anreize für private Investitionen in
die Ladeinfrastruktur geben. Einheitliche Standards müssten für das
Bezahlen an Ladesäulen geschaffen werden. Die EU-Kommission sollte
«ein europaweites Flottenaustausch-Programm für Nutzfahrzeuge»
prüfen. Für das Autonome Fahren bestehe Anpassungsbedarf beim
Rechtsrahmen, heißt es in dem gemeinsamen Papier, das der Deutschen
Presse-Agentur vorliegt. Im EU-Wettbewerbsrecht «bedarf es hier
erweiterter Experimentierklauseln».

«Mobilität und Auto sind ein wichtiger Teil für den Klimaschutz von
morgen. Deshalb müssen wir bereits heute die ökologische
Transformation voranbringen», sagte Bayerns Ministerpräsident Markus
Söder (CSU). Für Bayern sei die Autobranche mit ihren vielen
Zuliefererbetrieben der Lebensnerv der Wirtschaft. «Wir brauchen eine
Beschleunigung des Transformationsprozesses, bei dem Ökologie und
Ökonomie gemeinsam Hand in Hand gehen. Moderne Automobilität schafft
Arbeitsplätze und nützt dem Klima.»

Nach Angaben der niedersächsischen Staatskanzlei gab es ein
virtuelles Gespräch der drei Ministerpräsidenten Söder, Winfried
Kretschmann (Grüne) und Stephan Weil (SPD) mit hochrangigen
Vertretern der EU-Kommission. Beteiligt waren einer Mitteilung vom
Mittwochabend zufolge die Kommissare Margrethe Vestager, Frans
Timmermans und Thierry Breton. Alle drei Gesprächspartner aus Brüssel
hätten mitgeteilt, für vertiefende Gespräche zur Verfügung zu stehe
n.