Justizministerin Lambrecht kündigt Schutz von Hinweisgebern an

19.11.2020 13:47

Berlin (dpa) - Justizministerin Christine Lambrecht (SPD) hat in
einem Zeitungsinterview einen weitreichenden Gesetzentwurf zum Schutz
von Hinweisgebern angekündigt. Dieser solle Verstöße gegen
europäisches und deutsches Recht erfassen, sagte Lambrecht den
Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Donnerstag). Damit würde der
deutsche Gesetzentwurf über eine entsprechende EU-Richtlinie
hinausgehen, die Deutschland bis Dezember 2021 umsetzen muss.

Sie wolle, dass Informationen über strafbares Handeln aus
Organisationen heraus weitergegeben würden, sagte Lambrecht laut
Zeitungsinterview. «Das betrifft die Wirtschaft, aber natürlich auch
den staatlichen Bereich.» Menschen, die Mut zeigten und Verantwortung
für die Gesellschaft übernähmen, sollten keine Angst vor Nachteilen
bis hin zum Jobverlust haben. Viele große Skandale könnten nur mit
Insiderwissen aufgeklärt werden, sagte die Ministerin. «Deswegen ist
es so wichtig, Whistleblower rechtlich zu schützen.»

Innenminister Horst Seehofer (CSU) wolle sie mit guten Argumenten von
dem weitreichenden Gesetzentwurf überzeugen, sagte Lambrecht. Es gehe
nicht um Kleinigkeiten, sondern um Transparenz und Verantwortung.

Hintergrund für Lambrechts Ankündigung ist eine EU-Richtlinie zum
Schutz von Menschen, die Missstände melden. Bis Mitte Dezember
kommenden Jahres hat die Bundesregierung Zeit, die auf europäischer
Ebene vereinbarten Regeln in deutsches Recht zu übernehmen. Darin
werden zum Beispiel Unternehmen ab 50 Beschäftigten sowie Gemeinden
ab 10 000 Einwohnern verpflichtet, zuverlässige Meldekanäle
einzurichten.

Allerdings gibt es eine wichtige Einschränkung: Die neue Richtlinie
erfasst nur Verstöße gegen EU-Recht in einer Reihe von Bereichen.
Aufgeführt sind unter anderem Umweltschutz, Verbraucherschutz und
Finanzdienstleistungen. Es wird aber ausdrücklich klargestellt, dass
die einzelnen Länder den Schutz von Hinweisgeber bei der nationalen
Umsetzung auf weitere Bereiche ausdehnen können.