Brüssel verteidigt harte Abgaspläne - Weil: «intensive Gespräche»

19.11.2020 15:31

Brüssel/Hannover (dpa/lni) - EU-Kommissionsvize Frans Timmermans hat
Pläne für eine scharfe neue Auto-Abgasnorm verteidigt. Man könne
nicht untätig bleiben, wenn die langfristigen Ziele erreicht werden
sollten, sagte er am Donnerstag mit Blick auf den Euro-7-Standard für
Pkw in Brüssel. «Zusätzliche Maßnahmen werden notwendig sein.»

Ein Vorschlag für die neue Norm soll erst 2021 vorgelegt werden, doch
es gibt bereits heftige Kritik der Autoindustrie an Vorstudien. Die
darin angelegten neuen Grenzwerte etwa für Stickoxide seien so
streng, dass dies auf ein faktisches Aus von Verbrennungsmotoren ab
2025 hinauslaufe, warnt der Verband der Automobilindustrie (VDA).

Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD), der auch im
Aufsichtsrats des Volkswagen-Konzerns sitzt, hat nach Angaben der
Staatskanzlei am Mittwoch mit hochrangigen Kommissionsvertretern
gesprochen. In der Schalte waren demnach auch die Regierungschefs der
beiden anderen «Autoländer» Bayern und Baden-Württemberg, Markus
Söder (CSU) und Winfried Kretschmann (Grüne). Es gab laut Weil
«intensive Gespräche» mit Timmermans sowie dessen Kollegen Margrethe

Vestager und Thierry Breton zum Thema Abgas. Die Kommission habe
danach erklärt, für weitere vertiefende Beratungen bereitzustehen.

Es ging zunächst um ein Papier der Länder mit den Hauptsitzen von VW,
BMW und Daimler, in dem sie die EU-Behörde zu Anpassungen in der
Klima- und Wirtschaftspolitik auffordern. In einer gemeinsamen
«Agenda für eine erfolgreiche Transformation der Automobilwirtschaft»

mahnen sie etwa an, bei einer Erhöhung der CO2-Flottengrenzwerte für
Autohersteller die Auswirkungen auf mittelständische Zulieferer in
den Blick zu nehmen. Neben dem Klimagas CO2 soll auch der Ausstoß
gesundheitsschädlicher Stickoxide (NOx) deutlich reduziert werden.

«Es geht um viel», betonte Weil. «Die CO2-Emissionen müssen deutlic
h
reduziert werden. Aber am Ende muss es auch weiterhin eine starke
Automobilindustrie mit vielen Arbeitsplätzen geben. Da liegt ein
hartes Stück Arbeit vor uns.» Man stehe klar hinter dem EU-Ziel eines
um 55 Prozent reduzierten Ausstoßes bis 2030. Der Weg dorthin müsse
jedoch präzisiert werden. Etwa: «Wie gelingt es, vor allem kleinere
und mittlere Zulieferunternehmen mitzunehmen in die neue Ära?»

In Niedersachsen, Bayern und Baden-Württemberg hängen eine Million
Jobs vom Automobilbau ab, in Deutschland insgesamt 2,2 Millionen.
Timmermans betonte, die Pläne der Kommission würden technikneutral
gehalten - wenn die Branche die neuen Grenzwerte mit Verbrennern
einhalten könne, könne auch diese Technik weiter genutzt werden.
Doch werde man «schwierige Entscheidungen nicht vermeiden».