Bundestagsexperten: Vorratsdatenspeicherung hält EU-Recht kaum Stand

20.11.2020 17:42

Berlin (dpa) - Rechtsexperten des Wissenschaftliche Dienstes des
Bundestages gehen davon aus, dass die deutsche Regelung zur
Vorratsdatenspeicherung nach EU-Recht kaum Bestand haben wird. Das
geht aus einem Gutachten hervor, über das der «Spiegel» berichtete
und das auch der Deutschen Presse-Agentur vorliegt.

In dem Gutachten werden zwei Urteile des Europäischen Gerichtshofs
(EuGH) vom 8. Oktober untersucht. Eine flächendeckende und pauschale
Speicherung von Internet- und Telefon-Verbindungsdaten ist demnach
nicht zulässig. In den Urteilen ging es um Regelungen in
Großbritannien, Frankreich und Belgien. Auch das deutsche
Bundesverwaltungsgericht hatte sich an den EuGH gewandt, die
Entscheidung steht noch aus. Die deutsche Regelung ruht derzeit.

Die Experten des Bundestags gehen in dem Gutachten angesichts der
EuGH-Entscheidungen vom 6. Oktober davon aus, dass auch die deutsche
Regelung kaum Bestand haben wird. In Deutschland gebe es zwar kürzere
Speicherfristen. Die Speicherung solle aber danach immer ohne
gesonderten Anlass erfolgen, was den Grundsätzen des EuGH nicht
entspreche.

FDP-Fraktionsvize Stephan Thomae forderte im «Spiegel» die Regierung
auf, den «Tanz ums Goldene Kalb «Vorratsdatenspeicherung» zu beenden
»
und ein neues, verfassungskonformes Gesetz vorzulegen. Im Gutachten
des Wissenschaftlichen Dienstes heißt es, dem deutschen Gesetzgeber
bleibe es unbenommen, die Entscheidung des EuGH zur deutschen
Regelung abzuwarten oder schon vorher ein neues Gesetz zur
Vorratsdatenspeicherung zu erlassen, das die Vorgaben aus den
Urteilen berücksichtigt.

Das Thema Vorratsdatenspeicherung ist seit Jahren umstritten.
Befürworter wie Sicherheitsbehörden und -politiker argumentieren mit
der Terrorabwehr oder der Bekämpfung organisierter Kriminalität,
Gegner wie Bürgerrechtler oder Verbraucherschützer befürchten, dass
Grundrechte beschnitten werden.