EU-Kommissarin warnt vor «Desaster» im Kampf gegen Missbrauch-Fotos

21.11.2020 04:30

Brüssel (dpa) - EU-Innenkommissarin Ylva Johansson hat eindringlich
vor einer Schwächung des Kampfes gegen die Verbreitung von Fotos und
Videos missbrauchter Kinder im Internet gewarnt. Falls es keine
Übergangslösung gebe, werde es demnächst «keine Hürden für das

Hochladen und Teilen durch Pädophile geben», sagte die Schwedin der
Deutschen Presse-Agentur. Sie sprach von einem «globalen Desaster».
Hintergrund ist, dass Unternehmen wie Facebook und Google
Nachrichten, die über ihre Dienste verschickt werden, in der EU nach
jetzigem Stand bald nicht mehr mit bestimmten Filtern scannen dürfen.

Deshalb wirbt Johansson für die Übergangsregelung. «Ich werde nie
akzeptieren, dass die Privatsphäre der Nutzer wichtiger ist als die
Privatsphäre der Kinderopfer.» Es sei von höchster Dringlichkeit,
dass EU-Staaten und Europaparlament bis zum 21. Dezember eine
Einigung fänden.

Denn dann wird in der EU das Update des Kodex für die elektronische
Kommunikation wirksam. Kommunikationsdienste wie Email- oder
Messenger-Programme fallen deshalb künftig unter das digitale
Briefgeheimnis der EU. US-Konzerne wie Facebook, Google oder
Microsoft dürften die Nachrichten über ihre Mail- und
Messenger-Dienste nicht mehr auf Missbrauchsdarstellungen scannen.
Bislang filtern sie mit bestimmter Technik die versendeten
Nachrichten auf Darstellungen, die bereits bekannt sind und mit einer
Art digitalem Fingerabdruck versehen wurden. Auch das
Bundeskriminalamt profitiert eigenen Angaben zufolge von den
Hinweisen, die sie so erreichen.

Um dieses Vorgehen weiter zu ermöglichen, schlug die EU-Kommission
im September eine Übergangslösung vor. Dagegen gibt es jedoch im
Europaparlament sowie unter Datenschützern große Vorbehalte. Das
Parlament muss sich noch auf eine eigene Position verständigen, ehe
es Verhandlungen mit den EU-Staaten aufnehmen kann.