EU-Kommissar: Online-Dienste können Verantwortung nicht verbergen

11.01.2021 14:46

Brüssel (dpa) - EU-Binnenmarktkommissar Thierry Breton hat nach der
Sperrung der Online-Konten von US-Präsident Donald Trump eine
Parallele zu den Terroranschlägen am 11. September 2001 in den USA
gezogen. So wie dieser Tag einen Paradigmenwechsel für die globale
Sicherheit markiert habe, würden wir 20 Jahre später Zeuge eines
Davor und Danach mit Blick auf die Rolle digitaler Plattformen in
unseren Demokratien. Soziale Netzwerke könnten ihre Verantwortung
gegenüber der Gesellschaft fortan nicht mehr hinter dem Argument
verbergen, dass sie lediglich Hosting-Dienste seien, schrieb der
Franzose in einem Gastbeitrag für das Magazin «Politico».

Am Freitagabend hatte der Kurznachrichtendienst Twitter Trumps Konto
dauerhaft gesperrt. Auch Facebook sperrte seine Accounts bis auf
weiteres auf Facebook und Instagram. Auslöser waren seine Beiträge
zum Sturm seiner Anhänger auf das Kapitol in Washington am Mittwoch.

Die Anbieter hätten ihr Handeln damit begründet, dass Trumps
Nachrichten die Demokratie bedroht sowie zu Gewalt und Hass
aufgerufen hätten, argumentiert Breton nun. Damit hätten sie ihre
Verantwortung, Pflicht und Möglichkeiten anerkannt, die Ausbreitung
illegaler Inhalte zu verhindern, hieß es in dem bereits am Sonntag
veröffentlichten Beitrag.

Zugleich betont Breton, es sei verblüffend, dass ein Firmenchef ohne
Kontrolle den Stecker «aus den Lautsprechern» des Präsidenten der
Vereinigten Staaten ziehen könne. Dies zeige unter anderem die großen

Schwachstellen darin, wie der digitale Raum in unserer Gesellschaft
organisiert sei. Die vergangenen Tage hätten deutlich gemacht, dass
man nicht auf den guten Willen der Plattformen oder ihrer kreativen
Interpretation des Gesetzes vertrauen könne.

Breton verwies darauf, dass Europa weltweit der erste Kontinent sei,
der den digitalen Raum umfassend reformieren wolle. Dazu hatte die
EU-Kommission Mitte Dezember mehrere Gesetzesvorschläge vorgelegt.
Sie sehen unter anderem vor, dass digitale Plattformen wie Twitter
und Facebook deutlich mehr Pflichten und Verantwortung für die
Inhalte übernehmen, die dort veröffentlicht werden. «Was offline
illegal ist, sollte es online ebenfalls sein», schreibt Breton nun.