Merkel und Macron fordern weltweiten Schutz von Land und Meeren Von Julia Naue und Christian Böhmer, dpa

11.01.2021 22:05

Wenn die Artenvielfalt zerstört wird, trifft das auch den Menschen.
Die Folgen können weltweite Pandemien seien - wie derzeit die
Corona-Epidemie. Frankreichs Staatschef Macron mahnt bei einem Gipfel
auch Geduld an.

Paris (dpa) - Bundeskanzlerin Angela Merkel hat sich ausdrücklich
dazu verpflichtet, den Lebensraum von Tieren und Pflanzen besser zu
schützen. Die CDU-Toppolitikerin und Frankreichs Präsident Emmanuel
Macron riefen am Montag beim Klimagipfel «One Planet Summit» in Paris
Partner dazu auf, sich einer globalen Allianz anzuschließen. Dabei
wollen 50 Staaten 30 Prozent der Land- und Meeresflächen bis zum Jahr
2030 schützen. Die Anstrengungen müssten hochgefahren werden, um
biologische Vielfalt zu wahren, mahnte Merkel, die bei dem Gipfel per
Video zugeschaltet war. Das müsse nicht irgendwann, sondern jetzt
geschehen, sonst seien die Konsequenzen unumkehrbar.

Deutschland verpflichtet sich, bis 2030 jeweils 30 Prozent der Land-
und Meeresflächen unter Schutz zu stellen. Die EU hatte vor einigen
Monaten das 30-Prozent-Ziel schon für die Gemeinschaft der 27 Staaten
festgelegt. Beim Gipfel setzte sich unter anderen Costa Ricas
Präsident Carlos Alvarado für die Initiative «High Ambition Coalition

for Nature and People» ein. «Es muss heute gehandelt werden», sagte
er. Macron kündigte an, Frankreich wolle das gesetzte Ziel bereits im
kommenden Jahr einhalten. Mit der gemeinsamen Verpflichtung habe man
nun ein überprüfbares Ziel, sagte der 43-Jährige.

Beim «One Planet Summit» sprachen auch der britische Premier Boris
Johnson, UN-Generalsekretär Antonio Guterres oder
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. «Die Zerstörung der
Natur muss gestoppt werden», forderte Johnson. Die meisten Gäste
waren wegen der Pandemie per Video zugeschaltet. Im Zentrum des
Gipfels stand nicht zuletzt wegen der Covid-19-Pandemie das Thema
Artenvielfalt.

«Wir haben schon oft über die Zusammenhänge zwischen dem Verlust der

biologischen Vielfalt und Covid gesprochen», sagte von der Leyen.
«Und wenn wir nicht dringend handeln, um unsere Natur zu schützen,
stehen wir vielleicht schon am Anfang einer Ära von Pandemien»,
warnte sie. Durch die Zerstörung von Ökosystemen und den Eingriff des
Menschen in die Natur kommen bislang voneinander getrennt lebende
Arten in Kontakt. Die Gefahr der Übertragung von Krankheiten von
Tieren auf den Menschen wächst. Konkret werde sich die EU in der
neuen Initiative «Prezode» engagieren. Das wissenschaftliche Projekt
zielt darauf ab, bestehende Projekte zu bündeln. In in den kommenden
Jahren sollen außerdem mehrere hundert Millionen Euro in die
Forschung investiert werden.

Ein Schwerpunkt des Gipfels lag auf Afrika. Mit knapp zwölf
Milliarden Euro will die internationale Gemeinschaft ein ins Stocken
geratene Umweltprojekt in der Sahelzone unterstützen, kündigte Macron
an. Bei dem Projekt der «Großen Grünen Mauer» sollen über Tausend
e
Kilometer Bäume wie ein grünes Band in der Sahelzone gepflanzt werden
- von Dakar bis Dschibuti. Dies soll die Ausbreitung der Sahara und
somit der Wüstenbildung stoppen. Damit soll auch gegen Hungersnöte
und Dürre in der Region gekämpft werden. «Die Herausforderung bis
2030 ist riesig», sagte Macron.

Auch Prinz Charles rief bei der Veranstaltung in Paris Unternehmen
aus aller Welt zu Investitionen auf und stellte sein Projekt «Terra
Carta» vor. Ziel sei es, Wohlstand in der kommenden Dekade in
Einklang mit Natur, Menschen und dem Planeten zu bringen, sagte er.
Mit der Initiative will der Prinz von Wales bis zum Jahr 2022 7,3
Milliarden Pfund (rund 8,1 Milliarden Euro) für grüne Projekte
einsammeln. Der 72-jährige britische Thronfolger setzt sich bereits
seit Jahrzehnten öffentlich für den Schutz des Klimas ein.

Die Umweltorganisation Greenpeace lobte den Zusammenschluss der 50
Staaten zum Schutz der Lebensräume von Mensch und Tier. Es handle
sich um den «Multilateralismus, die wir brauchen, wenn wir die
biologische Vielfalt schützen und uns vor zukünftigen Pandemien
schützen wollen». Die Organisation WWF Deutschland teilte am Abend
mit, die von Naturschützern erhofften großen Finanzspritzen für den
Schutz der Natur seien ausgeblieben. Finanzielle Ressourcen seien
«ein Schlüsselfaktor, um das Artensterben und die Klimakrise zu
stoppen».

Kritik kam auch von der führenden Klimaaktivistin Greta Thunberg -
sie hielt die Veranstaltung nur für leeres Gerede. «Live vom One
Planet Summit in Paris: Blabla Natur, Blabla wichtig, Blabla
ehrgeizig, Blabla grüne Investitionen, Blabla grüne Möglichkeiten,
Blabla grünes Wachstum», schrieb die Schwedin auf Twitter.

Macron erklärte, er danke allen Vertretern der Zivilgesellschaft und
denjenigen, die seit Jahren das Gefühl haben, dass es nicht schnell
genug vorangehe. Sie hätten den Weg geebnet und nicht gewartet, dass
es etwas passiert. «Ich weiß, wie ungeduldig sie sind», sagte Macron.

«Alles, was wir heute gesagt haben, werden wir konsolidieren,
umsetzen, messen und in regelmäßigen Abständen verifizieren»,
versprach der französische Staatschef

Der «One Planet Summit» war von Frankreich, der Weltbank und den
Vereinten Nationen ins Leben gerufen worden - bisher gab es Treffen
in Paris 2017, New York 2018 und Nairobi 2019. Ziel ist es, die
Umsetzung des Pariser Klimaabkommens zu beschleunigen und mehr
Investitionen in den Klimaschutz zu fördern.