Supermärkte: Brexit gefährdet Lebensmittelversorgung in Nordirland

13.01.2021 17:30

Bilder leerer Supermarktregale in Nordirland haben für Aufsehen
gesorgt. Die Lage bleibt kritisch. Und auch an anderer Stelle könnten
bald Folgen des Brexits zu spüren sein.

London/Belfast (dpa) - Mehrere britische Supermarktketten haben vor
weiteren Schwierigkeiten bei der Lebensmittelversorgung in Nordirland
wegen des Brexits gewarnt. In einem Brief an Staatsminister Michael
Gove forderten die Chefs von Tesco, Sainsbury's, Asda und anderen,
eine bestehende Übergangsregelung mit vereinfachten Kontrollen über
das erste Quartal hinaus zu verlängern. Ansonsten könne es zu
«erheblichen Störungen» in der Lebensmittelversorgung in Nordirland
kommen, hieß es in dem Schreiben. Zuletzt hatten Bilder von leeren
Regalen in der britischen Provinz für Aufsehen gesorgt.

Gove sagte im Parlament: «Diese Engpässe wurden inzwischen weitgehend
überwunden.» Es gebe keine nennenswerten Warteschlagen, und
Supermärkte meldeten gute Versorgung. Allerdings müsse sichergestellt
werden, dass auch nach dem Ende der Übergangsphase ein «nachhaltiger
Ansatz» verfolgt wird, sagte Gove. Premierminister Boris Johnson
verteidigte seine Behauptung, der zum Jahreswechsel in Kraft
getretene Deal mit der EU werde keinerlei Handelshemmnisse mit sich
bringen. Es handle sich lediglich um «Kinderkrankheiten», sagte der
Premier in einem Parlamentsausschuss am Mittwoch. Doch der britische
Handelsverband BRC warnte vor neuen Problemen. «Wenn wir in den
nächsten Monaten keine praktikable Lösung für Einzelhändler finden,

wird es in Nordirland zu erheblichen Störungen kommen», sagte
BRC-Experte Andrew Opie einem Parlamentsausschuss.

Großbritannien hatte den EU-Binnenmarkt und die Europäische Zollunion
zum Jahreswechsel endgültig verlassen. Seitdem gibt es vermehrt
Schwierigkeiten im Handel wegen Zollvorschriften, Bestimmungen zur
Lebensmittelsicherheit und zur Mehrwertsteuer.

Vor allem Nordirland ist stark betroffen. Dort gab es bereits Klagen
über leere Supermarktregale. Die Provinz ist zwar Teil des
Vereinigten Königreichs, wird aber laut Austrittsabkommen nach den
Regeln der EU-Zollunion und des Binnenmarkts behandelt. Damit soll
eine harte Grenze zum EU-Mitglied Republik Irland und ein
Wiederaufflammen des Nordirland-Konflikts verhindert werden.

Probleme drohen auch an anderer Stelle - am Ärmelkanal, wo seit dem
endgültigen Vollzug des Brexits bisher verhältnismäßig wenig Verkeh
r
herrscht. «Es wird schlimmer», sagte der Chef des Verbands der
Lebensmittel- und Getränkehersteller FDF, Ian Wright, dem Ausschuss.
Derzeit überquerten etwa 2000 Lastwagen täglich den Kanal.
Normalerweise seien es 10 000. BRC-Experte Opie warnte, Unternehmen
seien immer noch nicht vollständig auf Änderungen bei Zollanträgen
eingestellt. «Deshalb erwarten wir Probleme», sagte er.