EU-Einheitspatent stockt erneut wegen deutscher Verfassungsklagen

13.01.2021 11:50

Berlin/Karlsruhe (dpa) - Die Einführung des europäischen
Einheitspatents, das Unternehmen Zeit und Geld sparen soll, stockt
erneut wegen Verfassungsbeschwerden in Deutschland. Das
Bundesverfassungsgericht hat Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier
gebeten, mit der Ausfertigung des notwendigen Gesetzes zu warten, bis
über einen Eilantrag entschieden ist, wie ein Gerichtssprecher am
Mittwoch auf Anfrage mitteilte. Eine Sprecherin des Bundespräsidenten
erklärte, dieser werde der Bitte nachkommen. «Wir warten nun das
weitere Vorgehen des Bundesverfassungsgerichts ab.»

Das EU-Einheitspatent soll die Kosten für das Anmelden einer
Erfindung nach früheren Angaben der EU-Kommission um bis zu 32 000
Euro senken. Die Idee ist, dass jeder Inhaber eines europäischen
Patents zentral einen Antrag auf einheitliche Wirkung stellen kann.
Damit gilt es auf einen Schlag in allen teilnehmenden Staaten.

Das System kann aber erst starten, wenn auch das vorgesehene
Einheitliche Patentgericht (EPG) eingerichtet ist. Das ist seit
Jahren durch die fehlende Zustimmung Deutschlands blockiert.

Im Februar vergangenen Jahres hatte das Bundesverfassungsgericht nach
einer ersten Verfassungsbeschwerde das 2017 erstmals beschlossene
Gesetz für nichtig erklärt. Der Grund: Bei der Abstimmung im
Bundestag waren damals nur etwa 35 der mehr als 600 Abgeordneten
anwesend. Während des Verfahrens lag das Projekt jahrelang auf Eis.

Im November und Dezember hatten Bundestag und Bundesrat daraufhin das
Gesetz wortgleich noch einmal beschlossen. Aber noch vor dem
Jahreswechsel gingen in Karlsruhe zwei neue Verfassungsbeschwerden
ein (Az. 2 BvR 2216/20 u.a.). Wann das Gericht darüber und vor allem
über den damit verbundenen Eilantrag entscheidet, ist offen. Ein
Kläger ist der Fachanwalt, der die erste Entscheidung erstritten
hatte. Wer hinter der zweiten Beschwerde steht, ist nicht bekannt.

Die EU-Kommission wollte eigentlich 2021 die «Periode provisorischer
Anwendung» des Einheitspatents beginnen. Von 2022 an sollte das neue
System voll funktionsfähig sein. Das Einheitliche Patentgericht
bekommt seinen Sitz in Luxemburg. In Deutschland sind Standorte in
München, Düsseldorf, Hamburg und Mannheim geplant.