) VW-Konzern verfehlt CO2-Ziele 2020 leicht - Ergebnis nicht belastet

21.01.2021 17:01

Dass die Volkswagen-Gruppe die EU-Klimaziele für ihre Autoflotte im
vergangenen Jahr knapp reißen würde, war absehbar. Jetzt gibt es
vorläufige Zahlen, die diese Erwartung bestätigen. 2021 soll die
Einhaltung aber dank weiterer Elektromodelle klappen.

Wolfsburg/Brüssel (dpa) - Der Volkswagen-Konzern hat die Flottenziele
der Europäischen Union für den Ausstoß von klimaschädlichem
Kohlendioxid (CO2) im vergangenen Jahr wie erwartet knapp verfehlt.
2020 sanken die durchschnittlichen Emissionen neu verkaufter Autos
aus der VW-Gruppe zwar um rund ein Fünftel auf 99,8 Gramm je
gefahrenem Kilometer, wie die Wolfsburger am Donnerstag mitteilten.
In dem mit einigen kleineren Herstellern bei der EU gebildeten,
maßgeblichen Pool zur CO2-Abrechnung lag VW aber insgesamt noch 0,5
Gramm über dem nötigen Zielwert von etwa 98,8 Gramm. Im vierten
Quartal entstehe dadurch keine weitere Ergebnisbelastung, weil
bereits frühzeitig Rückstellungen gebildet worden seien, hieß es.

Die EU-Kommission muss die Abgaswerte der Hersteller noch offiziell
bestätigen. VW-Vorstandschef Herbert Diess hatte schon angekündigt,
dass die Ziele im vergangenen Jahr um weniger als ein Gramm verfehlt
worden sein dürften. Volkswagen als Konzern lag den Angaben eines
Sprechers zufolge mit den erreichten 99,8 Gramm rund ein Gramm über
den Vorgaben für den Pool. Zu diesem zählen unter anderem auch der
chinesische Joint-Venture-Partner SAIC, eine britische Tochter des
chinesischen Herstellers Geely oder das Aachener E-Auto-Unternehmen
Next.e.GO des Streetscooter-Mitgründers Günther Schuh.

In der EU gelten seit 2020 verschärfte Vorgaben für den CO2-Ausstoß.

Branchenweit sollte dieser - von Übergangsregelungen abgesehen - bei
95 Gramm pro gefahrenem Kilometer liegen. Jeder Autohersteller hat je
nach Marktposition und Schwere der produzierten Fahrzeuge eigene
individuelle Ziele zu erfüllen. Außerdem gab es «Supercredits» etwa

für die Anrechnung von E-Modellen, womit der relative Beitrag von
Verbrennern gedrückt werden kann. Weichen die realen CO2-Werte
insgesamt weit von den Zielen ab, drohen hohe Strafen: Pro verkauftem
Fahrzeug und Durchschnittsgramm zu viel sind 95 Euro fällig - was
sich im Fall großer Spannen bis zu Milliardenzahlungen addieren kann.

Derzeit legen die Verkäufe von Elektroautos und Plug-in-Hybriden auch
wegen stärkerer Förderung zu - wobei Klimaschützer kritisch auf die
Zuschaltung von Dieseln oder Benzinern in Hybridmodellen verweisen.
Mit Blick auf 2021 und den erwarteten steigenden Absatz alternativer
Antriebe äußerte sich Diess zuversichtlich: «Nun kommen neben
Volkswagen Pkw und Audi auch Cupra und Skoda mit weiteren E-Modellen.
Damit werden wir in diesem Jahr das Flottenziel erreichen.»

Insgesamt hatte die Pandemie 2020 die Auslieferungen des VW-Konzerns
um 15,2 Prozent abrutschen lassen. Deutliche Zuwächse gab es aber bei
alternativen Antrieben: Für reine E-Fahrzeuge wurde mehr als eine
Verdreifachung auf knapp 232 000 Stück gemeldet, bei Plug-in-Hybriden
eine Steigerung um 175 Prozent auf gut 190 000 Exemplare. Innerhalb
der EU einschließlich Großbritannien, Norwegen und Island stieg der
Verkaufsanteil elektrifizierter Wagen um 8 Punkte auf 9,7 Prozent.

Die Kernmarke VW Pkw allein erfüllte die CO2-Vorgaben 2020 nach
vorläufigen Unterehmensangaben bereits mehr als nötig: Sie erreichte
- auch dank des Starts der neuen ID-Reihe - einen Flottenschnitt von
92 Gramm je Kilometer, 5 Gramm unter dem Ziel. Audi mit dem e-tron
soll ebenso schon unterhalb seiner Markenschwelle liegen, genauere
Daten hierzu gab es zunächst nicht. Die Luxusmarken Lamborghini und
Bentley zählen nicht in die Konzernbilanz. Bis 2050 strebt die
VW-Gruppe die Klimaneutralität an, in den kommenden fünf Jahren
fließen rund 46 Milliarden Euro in den Ausbau der E-Mobilität und
Hybridtechnik.

Die Umweltschutzorganisation Greenpeace sieht die bisher bekannten
Werte mit gemischten Gefühlen. «VW lässt sich von einer Reihe anderer

E-Auto-Hersteller unter die Arme greifen und reißt trotzdem seine
seit Jahren bekannten europäischen CO2-Ziele», meinte Verkehrsexperte
Benjamin Stephan zu den Pool-Zahlen. «Wenn Volkswagen den
europäischen Klimazielen im Verkehr nicht weiter hinterherlaufen
will, muss Diess sich schnell vom Verbrennungsmotor verabschieden.»

Der Konkurrent BMW schaffte 2020 Unternehmenskreisen zufolge die
Einhaltung seines CO2-Flottenziels. Er blieb nach Informationen der
Finanz-Nachrichtenagentur dpa-AFX schon im vorigen Jahr deutlich
unter den Vorgaben: Die Münchener unterschritten mit 99 Gramm das
Soll um rund 5 Gramm. BMW-Chef Oliver Zipse hatte sich des Öfteren
selbstbewusst gegeben, was das Erreichen der Klimaziele angeht.