Brüssel leitet wegen EU-Haftbefehl Verfahren gegen Deutschland ein

18.02.2021 19:00

Brüssel (dpa) - Deutschland verstößt mit seinen Regeln für den
Europäischen Haftbefehl nach Einschätzung der EU-Kommission gegen
EU-Recht. Deshalb leitete die Brüsseler Behörde am Donnerstag ein
sogenanntes Vertragsverletzungsverfahren gegen Berlin ein. Auch gegen
Zypern und Schweden leitete die Behörde am Donnerstag Verfahren wegen
des Europäischen Haftbefehls ein.

Der Europäische Haftbefehl soll die Übergabe gesuchter Personen etwa

zur Strafverfolgung oder Vollstreckung einer Freiheitsstrafe
innerhalb der EU vereinfachen. Seit 2004 ersetzt er langwierige
Auslieferungsverfahren.

Die EU-Kommission bemängelt unter anderem, dass Deutschland, Zypern
und Schweden eigene Bürger im Vergleich zu anderen EU-Bürgern
bevorzugt behandelten oder Möglichkeiten böten, einen Europäischen
Haftbefehl abzulehnen. Nach EU-Recht sind solche Möglichkeiten nicht
vorgesehen sind.

Deutschland hat nun zwei Monate Zeit, auf das Schreiben aus Brüssel
zu reagieren und die Bedenken auszuräumen. Andernfalls dürfte die
EU-Kommission, die in der Staatengemeinschaft die Einhaltung von
EU-Recht überwacht, das Verfahren vorantreiben. Am Ende könnte eine
Klage vor dem Europäischen Gerichtshof stehen.

Das Bundesjustizministerium werde die Argumentation der EU-Kommission
nun sorgfältig prüfen und darauf reagieren, sagte ein Sprecher der
Deutschen Presse-Agentur. Der Schutz eigener Staatsangehöriger ergebe
sich aus dem Grundgesetz. Diese Schutzverpflichtung des Gesetzgebers
habe das Bundesverfassungsgericht in einer Entscheidung vom 18. Juli
2005 konkretisiert - dabei sei es um jenes deutsche Gesetz gegangen,
mit dem die europäischen Regelungen zum Haftbefehl hierzulande
umgesetzt wurden. «Die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts finden
sich im aktuellen Gesetzeswortlaut wieder», erklärte der Sprecher.