Umfrage zeigt hohe Dunkelziffer bei Gewalt und Belästigung in der EU

19.02.2021 06:00

Wien (dpa) - Bei Gewaltdelikten und Belästigungen ist die
Dunkelziffer in Ländern der EU laut einer Umfrage sehr hoch. Weniger

als ein Drittel der Gewaltopfer hat sich an die Behörden gewandt, wie
aus einer am Freitag veröffentlichten repräsentativen Umfrage der
EU-Agentur für Grundrechte (FRA) unter 32 500 EU-Bürgern
hervorgeht. «Die Ergebnisse sind sehr aufschlussreich für das Ausma
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von Gewalt und Belästigung in der EU», sagte der
FRA-Kriminalstatistiker und Studienautor Sami Nevala der Deutschen
Presse-Agentur. Hochgerechnet kommt die EU-Agentur jährlich auf
EU-weit 22 Millionen Opfer von Gewalt und 110 Millionen Fälle von
Belästigungen. 

Fast jeder Zehnte gab in der 2019 durchgeführten Umfrage an, in den
letzten fünf Jahren körperliche Gewalt erlebt zu haben. Belästigungen

sind noch deutlich weiter verbreitet. 41 Prozent der Befragten
erklärten, in den letzten fünf Jahren belästigt worden zu sein, dabei

nicht zuletzt in den sozialen Medien. Die FRA definiert Belästigung
als Beleidigungen oder Bedrohungen, die persönlich oder online
übermittelt werden. «Menschen, die älter sind, ein niedrigeres
Bildungsniveau haben oder Schwierigkeiten haben, über die Runden zu
kommen, sind im Allgemeinen weniger bereit, die
Strafverfolgungsbehörden einzuschalten», sagte FRA-Direktor Michael
O'Flaherty. 

Belästigungen wurden laut Umfrage häufiger in Westeuropa erlebt
als in Osteuropa. Die meisten Fälle wurden in Frankreich, den
Niederlanden und Deutschland verzeichnet. Gerade Frauen würden oft
online Ziel von üblen verbalen Attacken. «Die Ergebnisse zeigen, dass

junge Menschen, Menschen, die sich als nicht heterosexuell
identifizieren, und Menschen mit Behinderungen besonders stark von
Straftaten betroffen sind», so O'Flaherty. 

In Westeuropa würden Zeugen einer körperlichen Auseinandersetzung der

Studie zufolge eher die Polizei rufen, in Osteuropa würden die
Menschen eher selbst einschreiten, so die Studie. In Deutschland
speziell ist der Schutz von Kindern durch Außenstehende ausgeprägt.
Jeder dritte Befragte in Deutschland sagte, er würde eingreifen, wenn
er sähe wie ein Vater oder eine Mutter ein Kind schlägt.

Die EU-Agentur forderte die Staaten auf, Gruppen besonders zu
schützen, die überdurchschnittlich von Gewalt und Belästigungen
betroffen seien.