EU-Schulterschluss gegen Corona - Zweiter Gipfeltag zur Verteidigung

26.02.2021 05:00

Die Pandemiekrise macht den 27 EU-Staaten nach wie vor das meiste
Kopfzerbrechen. Sie wollen alles tun, damit das Impfen nun schneller
vorangeht. Und machen ein bisschen Hoffnung auf den Sommer.

Brüssel (dpa) - Mehr Tempo bei den Corona-Impfungen, ein europäischer
Impfpass bis zum Sommer: Die 27 EU-Staaten haben erneut ihre Linie im
Kampf gegen die Pandemie abgestimmt. An diesem Freitag setzen
Bundeskanzlerin Angela Merkel und ihre EU-Kollegen ihren Videogipfel
nun mit einer verteidigungspolitischen Grundsatzdebatte fort. Ziel
ist, Europa in Krisen eigenständiger handlungsfähig zu machen.

Am ersten Gipfeltag hatten die Staats- und Regierungschefs am
Donnerstag rund fünf Stunden über den Kampf gegen Corona beraten.
Dabei ging es um fünf Punkte vom Impfen bis zu Reisebeschränkungen,
wie EU-Ratschef Charles Michel anschließend sagte. Für Verbraucher am
interessantesten: Die Pläne für einen EU-Impfpass sollen vorankommen.
In drei Monaten sollen zumindest die technischen Voraussetzungen
stehen, also noch vor dem Sommer.

Die politisch umstrittene Frage, ob dieser Nachweis Corona-Geimpften
Vorteile etwa beim Reisen eröffnen soll, blieb aber offen.
Urlaubsländer wie Österreich, Griechenland oder Bulgarien wollen
dies. Bundeskanzlerin Angela Merkel sagte jedoch, es sei nicht so,
dass künftig nur reisen dürfe, wer einen Impfpass habe. «Darüber si
nd
überhaupt noch keine politischen Entscheidungen getroffen.»

Ratschef Michel sagte, oberste Priorität hätten nun die beschleunigte
Produktion und Lieferung von Impfstoffen sowie das rasche Impfen. Die
gefürchteten Virusvarianten sollen so früh wie möglich gezielt
aufgespürt werden. Vermeidbare Reisen könnten weiter beschränkt
werden, allerdings mit Augenmaß und möglichst geringen Behinderungen
im Warenverkehr und für Pendler.

Deutschland und einige andere Staaten standen dabei am Pranger, weil
sie einseitig verschärfte Grenzkontrollen eingeführt hatten. Merkel
versicherte aber, der freie Warenverkehr und Pendler sollten
möglichst wenig beeinträchtigt werden. Und die CDU-Politikerin
stellte klar: Verschärfte Kontrollen an der Grenze zur französischen
Region Moselle will sie derzeit nicht, obwohl die Corona-Lage dort
besorgniserregend ist.

An diesem Freitag geht es nun für Merkel und ihre Kollegen mit der
Außen- und Sicherheitspolitik weiter. Bislang ist die EU vor allem
bei Militäreinsätzen stark auf die USA angewiesen. Ziel ist,
unabhängiger zu agieren. Doch ist in der EU umstritten, wie
weitreichend die Autonomiebestrebungen sein sollten.

Frankreich setzt sich für das Ziel ein, langfristig vollkommen
unabhängig handeln zu können. Länder wie Deutschland haben hingegen
Sorge, dass die EU mit einer solchen Zielvorgabe Probleme in den
Beziehungen zu den USA provozieren könnte. Zudem wird argumentiert,
dass die EU auf absehbare Zeit ohnehin keine vollständige Autonomie
erreichen könne.

Zu Beginn der Tagung (09.00 Uhr) soll es mit Nato-Generalsekretär
Jens Stoltenberg einen Gedankenaustausch über die Beziehungen
zwischen der EU und der dem transatlantischen Militärbündnis geben.
Weitreichende Ergebnisse werden bei dem Videogipfel nicht erwartet.