Gorbatschow: Glaube an bessere Beziehungen zur EU

27.02.2021 16:29

Moskau (dpa) - Vor seinem 90. Geburtstag hat der frühere Kremlchef
Michail Gorbatschow die Hoffnung auf eine Besserung des Verhältnisses
zur Europäischen Union geäußert. «Man darf keine Angst vor
Verhandlungen haben», sagte der Friedensnobelpreisträger am Samstag
der Agentur Interfax. Die Beziehungen zwischen Moskau und Brüssel
sind etwa im Ukraine-Konflikt so gespannt wie seit dem Kalten Krieg
nicht mehr. «Nur Verhandlungen, nur die Treffen auf allen Ebenen -
vor allem auf höchster - können positive Ergebnisse bringen. Ich
glaube daran», sagte er. Der frühere Sowjetpräsident wird an diesem
Dienstag (2. März) 90 Jahre alt.

«Man muss verstehen, dass wir alle Europäer sind (...) Das bedeutet,
dass wir verhandeln müssen.» Gorbatschow rief in dem Interview mit
Interfax auch den russischen Präsidenten Wladimir Putin und
dessen US-Kollegen Joe Biden zu einem persönlichen Treffen und neuen
atomaren Abrüstungsverhandlungen auf. «Die Hauptsache ist heute,
einen Atomkrieg zu verhindern», mahnte Gorbatschow. «Um einen
Fortschritt zu erzielen, muss man offen aufeinander zugehen.»

Seine Erfahrungen mit US-Präsident Ronald Reagan in den 1980er Jahren
hätten gezeigt, dass die führenden Vertreter der beiden größten
Atommächte in Fragen der globalen Sicherheit viel erreichen könnten,

wenn sie wollten. Washington und Moskau hatten unter dem Reformer
Gorbatschow mehrere atomare Abrüstungsverträge geschlossen. Unter
Bidens Vorgänger Donald Trump waren die USA aus dem Großteil der
Abkommen ausgestiegen.

Washington und Moskau hatten sich Ende Januar nach Bidens Amtsantritt
darauf verständigt, den letzten großen atomaren Abrüstungsvertrag N
ew
Start um fünf Jahre zu verlängern. Der Vertrag über die Begrenzung

strategischer Atomwaffen war am 5. Februar 2011 in Kraft getreten.
Das Abkommen, das Anfang Februar ausgelaufen wäre, begrenzt die
Nukleararsenale Russlands und der USA auf je 800 Trägersysteme und
1550 einsatzbereite Atomsprengköpfe. Russland und die USA besitzen
zusammen rund 90 Prozent der weltweiten Atomwaffen.