EZB-Direktorin Schnabel warnt vor Blockade des EU-Wiederaufbaufonds

09.04.2021 18:43

Karlsruhe (dpa) - EZB-Direktorin Isabel Schnabel hat vor einer
Blockade des 750 Milliarden Euro schweren EU-Wiederaufbaufonds
gewarnt. «Wenn sich die Auszahlung der Gelder aus dem Fonds auf
unbestimmte Zeit verzögern würde, wäre das eine wirtschaftliche
Katastrophe für Europa», sagte Schnabel, die im Direktorium der
Europäischen Zentralbank (EZB) sitzt, dem «Spiegel». «Dann müsste

Europa sich Gedanken über alternative Lösungen machen, aber das
könnte dauern.»

Das Bundesverfassungsgericht hatte die deutsche Zustimmung zu dem
Fonds vorerst gestoppt. Eine Professorengruppe um den früheren
AfD-Vorsitzenden Bernd Lucke hatte Verfassungsbeschwerde eingereicht.
Die Klage wird von mehr als 2200 Bürgern unterstützt, wie das
«Bündnis Bürgerwille» seinerzeit mitteilte. Der vorläufige Stopp
gilt
bis zur Entscheidung über den mit der Verfassungsbeschwerde
verbundenen Eilantrag. (2 BvR 547/21).

«Es steht mir nicht zu, mich über das Bundesverfassungsgericht zu
äußern», sagte Schnabel. Zugleich betonte sie die Bedeutung des
Fonds: Damit demonstriere Europa Solidarität mit den Ländern, die
hart von der Krise getroffen seien, aber nur geringe fiskalische
Spielräume hätten. «Zum anderen ist es für die europäische Wirtsc
haft
als Ganzes wichtig und damit gerade für die Exportnation
Deutschland.»

Die 750 Milliarden Euro sollen dem wirtschaftlichen Aufbau in der EU
nach der Pandemie dienen. Einen Teil des Geldes gibt es als
Zuschüsse, einen Teil als Darlehen. Dafür werden gemeinsam Schulden
aufgenommen. Vor allem dagegen richtet sich die
Verfassungsbeschwerde.

Gelassen reagiert Schnabel darauf, dass durch den Fonds und weitere
nationale Hilfsprogramme in der Corona-Pandemie die Staatsschulden
deutlich wachsen. «Ein Anstieg der öffentlichen Schulden ist
angesichts dieser Jahrhundertkrise unvermeidlich und sinnvoll,
solange die Ausgaben das Wachstum nachhaltig ankurbeln», sagte sie.

Der Kollaps des US-Hedgefonds Archegos, der einige Banken wie die
Credit Suisse belastet, zeigt unterdessen aus Schnabels Sicht, dass
es bei «Fonds erhebliche Regulierungslücken gibt». Zwar hätten die

Banken dank der Regulierung genügend Eigenkapital, um derartige
Verluste abzufedern. Bei den Fonds müsse allerdings nachgebessert
werden. «Zum Glück war es bisher nur ein einzelner Fonds. Dennoch ist
das ein Warnsignal, dass es hier erhebliche systemische Risiken gibt,
die besser reguliert werden müssen.»