EU-Gewässerschutzziele für 2027 werden weitgehend verfehlt Von Manfred Rey

19.04.2021 06:00

Trotz vieler Bemühungen hält Brandenburg die schon im Jahr 2000
festgelegten EU-Kriterien für gute Oberflächengewässer vielfach nicht

ein. Das wird wohl auch in den nächsten Jahren so sein.

Potsdam (dpa/bb) - Brandenburgs Badegewässer erhalten seit Jahren
Bestnoten. Doch was für Menschen ungefährlich ist, stellt für Fauna
und Flora oft eine Bedrohung dar. Daher hat die EU Richtwerte für
einen guten ökologischen und chemischen Zustand der
Oberflächengewässer festgelegt - die Brandenburg aber verfehlt. Bei
nur sehr wenigen Seen, Flüssen und Feuchtgebieten werden die EU-Ziele
bis 2027 erreicht, teilte das Umweltministerium in Potsdam dem
Landtagsabgeordneten der Linken, Thomas Domres, auf seine Anfrage
mit. Schon die Vorgaben für 2015 und 2021 wurden überwiegend nicht
erreicht.

Die EU-Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) gilt für die wichtigsten rund
4500 der insgesamt etwa 33 000 Kilometer Fließgewässer und 193 der
größten mehr als 3000 natürlichen Seen sowie für die
Grundwasservorkommen in Brandenburg. Sie liegen alle im Einzugsgebiet
von Elbe und Oder. Laut Ministerium befinden sich von den 193 Seen
derzeit nur zwei in einem «sehr guten» Zustand; 33 werden mit «gut»

bewertet. Von den 1375 Flüssen erhalten nur 86 ein «Gut».

Der chemische Zustand aller Oberflächengewässer sei «nicht gut», da

sie mit zu viel Quecksilber belastet seien, stellt das Ministerium
weiter fest. Von den 42 bewerteten Grundwasservorkommen hätten 37
einen «guten» Mengenzustand, wonach dort nicht mehr Wasser entnommen
wird, als sich neu bildet. Auch der chemische Zustand sei «gut».

Als Hauptursache für die schlechte Verfassung vieler märkischer
Gewässer gelten vor allem die Nährstoffeinträge von Nitrat und
Phosphor aus Landwirtschaft, Kläranlagen und Industrie. Eine große
Rolle spielen noch immer die Schadstoffe aus den ehemaligen
Braunkohletagebauen sowie die geringen Niederschläge durch den
Klimawandel.

In einem schlechten Zustand befinden sich nach Einschätzung des
Umweltverbandes BUND auch viele kleinere Gewässer, die nicht von der
EU-Wasserrahmenrichtlinie erfasst sind. «Wenn sich schon die
berichtspflichtigen Gewässer in einem schlechten Zustand befinden,
kann man davon ausgehen, dass der Zustand der anderen Gewässer
ähnlich ist», sagt Sascha Maier vom BUND-Landesvorstand Brandenburg
und fügt hinzu: «Die Berichtspflichtigen speisen sich ja aus den
kleineren Gewässern.»

Derzeit wird in der Europäischen Union (EU) an einem dritten Zyklus
der WRRL gearbeitet, der weitere Schritte für die nächsten Jahre
vorsieht. Ziel: Das Vorkommen typischer Fische, Pflanzen und Algen
soll nur geringfügig vom natürlichen Ursprung abweichen.

Zwar legen Bewirtschaftungspläne Schritte fest, um Flüsse, Seen und
Feuchtgebiete im Einzugsgebiet von Elbe und Oder in einen guten
Zustand zu versetzen. Dabei werden die angestrebten Ziele aber ganz
überwiegend auf die Jahre nach 2027 vertagt. Ein genauer Zeitpunkt
sei wegen der vielfältigen Belastungen nicht möglich, erklärt das
Ministerium. Unsicherheitsfaktoren seien auch der Klimawandel und
sinkende Wasserstände.

Obwohl die Bewirtschaftungspläne von Verbänden, Experten und Gremien
derzeit beraten werden, hat das Umweltressort keine «belastbare
Gesamtkostenkalkulation», wie die WRRL-Ziele erreicht werden können.
Die «dafür erforderliche Feinplanung» liege größtenteils noch nic
ht
vor, heißt es.

Für den Abgeordneten der Linken, Domres, ist das ein Armutszeugnis.
«Es zeigt, dass die Finanzierung für die Umsetzung der erforderlichen
Maßnahmen, um die Ziele der EU-Wasserrahmenrichtlinie zu erreichen,
nicht klar ist.» Auch die im Landeshaushalt 2021 vorgesehenen 10,2
Millionen Euro an Mitteln zur Kofinanzierung des Gewässerschutzes
seien «viel zu wenig». Domres: «Entscheidend wird sein, wie
Brandenburg in den Jahren vom Jahr 2022 an Gelder aufstocken wird, um
die WRRL-Ziele möglichst bald zu erreichen.»