Staaten: Russland muss für Aggressions-Krieg gegen Ukraine zahlen

02.04.2024 18:58

Bombenangriffe, Tötungen, sexuelle Gewalt: Mehr als 120 000
mutmaßliche Kriegsverbrechen wurden in der Ukraine registriert. Die
Ermittlungen laufen. Doch der Weg zur Gerechtigkeit ist lang.

 

Den Haag (dpa) - Russland muss nach dem Willen von 44 Staaten für
Kriegsschäden in der Ukraine bezahlen. Zugleich sollte es wegen des
Aggressionskrieges strafrechtlich verfolgt werden. Russland müsse zur
Verantwortung gezogen werden, hieß es in einer Erklärung zum
Abschluss eines internationalen Ministertreffens in Den Haag am
Dienstag. 

Minister sowie Vertreter der EU-Kommission und internationaler
Justizbehörden hatten auf Einladung der Ukraine und der Niederlande
über Möglichkeiten der strafrechtlichen Verfolgung von
Kriegsverbrechen in der Ukraine beraten. Auch Vertreter
nichteuropäischer Länder wie die USA, Kanada und Australien nahmen
teil. Möglicherweise soll ein internationales Tribunal zur Verfolgung
der russischen Aggression errichtet werden.  

Am Dienstag wurde das erste Register für Kriegsschäden in Betrieb
genommen. Mehr als einhundert Schadenersatzforderungen gingen bis zum
Abend ein. «Dies ist der erste Schritt zu voller Entschädigung»,
sagte die niederländische Außenministerin Hanke Bruins Slot. Dafür
soll Russland aufkommen. Möglicherweise sollen die beschlagnahmten
russischen Geldmittel genutzt werden. 

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte in einer
Videobotschaft die internationale Gemeinschaft gedrängt, sich mit
vereinten Kräften für die Verfolgung von russischen Kriegsverbrechen
einzusetzen. Die Aggressoren müssten für ihre Taten zur Rechenschaft
gezogen werden, sagte Selenskyj. Die Botschaft müsse klar sein:
«Gerechtigkeit ist stärker als der Krieg des Kreml.» 

Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba sprach vom «Hunger des
ukrainischen Volkes nach Gerechtigkeit». Er erinnerte an das Massaker
an Zivilisten in der Stadt Butscha vor zwei Jahren. Dies sei zum
Symbol der russischen Gräuel in der Ukraine geworden. «Die gesamte
Welt sah in Butscha dem Bösen ins Auge.» 

Mehr als 120 000 mutmaßliche Kriegsverbrechen wurden nach Angaben des
ukrainischen Generalstaatsanwaltes Andrij Kostin bisher registriert.
551 Verdächtige seien bisher identifiziert worden, 374 angeklagt und
104 rechtskräftig verurteilt. Doch die Ermittlungen seien schwierig
und Spurensuche oft gefährlich, sagte Kostin. «Wir brauchen Ihre
Unterstützung.» Die strafrechtliche Verfolgung sei von weitreichender
Bedeutung. «Nur Gerechtigkeit kann den Menschen ihre Würde
zurückgeben», so Kostin. 

Der Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshofes, Karim Khan,
sprach von einer beispiellosen Partnerschaft. «Wir müssen uns dazu
verpflichten, den Prozess noch zu beschleunigen», sagte Khan. Das
Weltstrafgericht mit Sitz in Den Haag erließ bereits vier
internationale Haftbefehle gegen hochrangige Russen, darunter
Präsident Wladimir Putin.