Russische Einflussoperation: Jourova vermutet «Spitze des Eisbergs»

05.04.2024 09:21

Prag (dpa) - In der Affäre um eine russische Desinformationskampagne
und mögliche verdeckte Zahlungen aus Russland an Politiker rechnet
die EU-Kommissions-Vizepräsidentin für Werte und Transparenz, Vera
Jourova, mit weiteren Enthüllungen. «Ich bin überzeugt davon, dass
das, was wir jetzt wissen, nur die Spitze des Eisbergs ist», sagte
die 59-Jährige der tschechischen Zeitung «Hospodarske noviny»
(Freitag). Sie gehe davon aus, dass es bei weitem mehr bezahlte
Politiker oder Menschen mit Einfluss in der Gesellschaft gebe als
bisher bekannt sei.

«Wir verfügen selbstverständlich über keinen Apparat, um
festzustellen, wer das ist, aber wir sehen, dass die Geheimdienste
bereit sind, das zu enthüllen und die Öffentlichkeit zu informieren»,

sagte Jourova. «Und das ist gut so.» Zur rechtlichen Bewertung sagte
Jourova, es gebe in den verschiedenen Mitgliedstaaten im Bereich der
nationalen Sicherheit unterschiedlich strenge Gesetze. Dies sei auf
EU-Ebene nicht harmonisiert. «Ob es sich um Korruption handelt,
müssen selbstverständlich die Ermittler und Richter entscheiden»,
betonte die tschechische Politikerin.

Die tschechische Zeitung «Denik N» hatte zuvor berichtet, der
AfD-Bundestagsabgeordnete Petr Bystron stehe im Verdacht, mit der
prorussischen Internetplattform «Voice of Europe» in Kontakt
gestanden zu haben, die das Prager Kabinett jüngst auf die nationale
Sanktionsliste gesetzt hatte. Möglicherweise habe er auch Geld
entgegengenommen. Auf der Kabinettssitzung soll Bystrons Name
gefallen sein, wie die Zeitung unter Berufung auf mehrere Minister
berichtete. Ein nicht genanntes Regierungsmitglied sagte demnach
unter Berufung auf den Inlandsgeheimdienst BIS mit Bezug auf Bystron:
«Sie können die Übergabe von Geld als Audio belegen.»

Bystron hat die Vorwürfe bestritten. Der Deutschen Presse-Agentur
sagte er, es handele sich «um unbewiesene Anschuldigungen und
Behauptungen». Und: «Ich habe mir nichts vorzuwerfen.»  In einer
Stellungnahme an die Parteispitze, die der Deutschen Presse-Agentur
vorliegt, schrieb er: «Zu keinem Zeitpunkt habe ich von einem
Mitarbeiter von VoE (oder irgendeinem Russen) Geldzahlungen oder
Kryptowährungen bekommen.»