Überstellung von Asylbewerbern an andere EU-Staaten scheitern meist

07.04.2024 16:12

Berlin (dpa) - Im vergangenen Jahr ist es den deutschen Behörden in
der Mehrheit der Fälle nicht gelungen, Asylbewerber in den für ihr
Verfahren zuständigen europäischen Staat zurückzuschicken. Das geht
aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der
Unionsfraktion hervor, über die «Bild» zuerst berichtete. Den Angaben

zufolge stellte Deutschland 2023 insgesamt 74 622 Übernahmeersuchen
nach den sogenannten Dublin-Regeln. Mit der Ausreise der Betroffenen
endeten allerdings im vergangenen Jahr lediglich 5053
Dublin-Verfahren, wie aus der Aufstellung der Bundesregierung
hervorgeht.

Die fristgerechte Überstellung scheiterte in 38 682 Fällen, und zwar

aus unterschiedlichen Gründen - etwa weil der Zielstaat diese
stornierte oder weil eine Gerichtsentscheidung vorlag, die eine
Überstellung untersagt. In 222 Fällen scheiterte eine rechtzeitige
Überstellung am Widerstand des Abzuschiebenden.

In 22 462 Fällen wurde die Übernahme durch den anderen Mitgliedstaat
aus unterschiedlichen Gründen abgelehnt. Darüber hinaus gab es 1008
Fälle, in denen das Bundesamt für Migration von sich aus ein
deutsches Asylverfahren einleitete, etwa aus humanitären Gründen.
Dabei ist zu beachten, dass nicht alle Fälle, für die im vergangenen
Jahr Übernahmeersuchen gestellt wurden, auch bis zum Jahreswechsel
abgeschlossen wurden. Überstellungen, die 2023 erfolgten, können auf
Übernahmeanträge aus 2022 zurückgehen.

Die Dublin-Verordnung regelt, dass ein anderes EU-Land für einen
Asylbewerber zuständig ist, wenn er dort einen Antrag auf Schutz
gestellt hat oder zuerst eingereist ist. Eine Abschiebung muss danach
innerhalb von sechs Monaten erfolgen. Die Frist kann nur im
Ausnahmefall verlängert werden. Danach fällt der Asylbewerber in die
Zuständigkeit der Bundesrepublik Deutschland.

Die meisten Dublin-Überstellungen erfolgten nach Angaben der
Bundesregierung im vergangenen Jahr nach Österreich (1534). Nach
Italien brachte Deutschland im ganzen Jahr lediglich elf Asylbewerber
- bei insgesamt 15 479 Übernahmeersuchen. 

Ein Sprecher des Bundesinnenministeriums sagte am Samstag, die
Bundesregierung stehe im Austausch mit der Europäischen Kommission
und den Mitgliedstaaten, um Verbesserungen bei der Durchführung des
Dublin-Verfahrens zu erzielen.

Dass die Dublin-Überstellungen und andere Vorgaben des Gemeinsamen
Europäischen Asylsystems in den vergangenen Jahren mehr schlecht als
recht funktioniert haben, ist ein Grund für die nun geplante
umfassende Reform. Über die Neuerungen, zu denen unter anderem
Asylprüfungen an den EU-Außengrenzen für Menschen aus Staaten mit
geringer Anerkennungsquote gehören, stimmt das Europäische Parlament
in dieser Woche ab.