EU-Einigung auf strengere Zoll-Vorgaben für ukrainische Agrarwaren

08.04.2024 21:56

Erneut haben sich Europaparlament und EU-Staaten auf neue Zoll-Regeln
zulasten der Ukraine geeinigt. Weil ein ursprünglicher Deal nicht
allen weit genug ging, wird jetzt nochmal nachgeschärft.

Brüssel (dpa) - Unterhändler des Europaparlaments und der EU-Staaten
haben sich auf strengere Zollvorgaben für bestimmte Lebensmittel aus
der Ukraine geeinigt. Konkret geht es um Geflügel, Eier, Zucker,
Hafer, Mais, Grobgrieß und Honig, wie das Europaparlament am
Montagabend mitteilte. Von den Regeln betroffene Waren dürften dann
nur noch bis zu einer bestimmten Menge zollfrei in die EU importiert
werden. Wenn diese Menge erreicht ist, sollen wieder Zölle fällig
werden. 

Die Einigung muss noch vom Europaparlament und den EU-Staaten
offiziell abgesegnet werden. Gelten sollen die Vorgaben ab dem 6.
Juni für einen Zeitraum von einem Jahr. Wie stark die Zölle die
ukrainische Wirtschaft belasten werden, hängt auch davon ab, ob das
von Russland angegriffene Land andere Abnehmer für seine Waren
findet.

Eigentlich hatten sich bereits vor rund drei Wochen Unterhändler der
Mitgliedsstaaten und des Europaparlaments auf neue Vorgaben geeinigt.
Der erste zwischen Parlament und EU-Staaten erzielte Kompromiss sah
vor, dass sich die Mengen, ab wann Abgaben erforderlich sein sollen,
nach dem Durchschnitt der Importe in den Jahren 2022 und 2023
richten. Das ging manchen aber nicht weit genug.

So sprachen sich unter anderem Bauernvertreter dafür aus, dass auch
das gesamte Jahr 2021 in die Berechnung aufgenommen werden sollte.
Dadurch würden die Freikontingente für ukrainische Produkte kleiner.
Der nun gefundene Kompromiss sieht vor, das zweite Halbjahr 2021 in
die Berechnung einzubeziehen. 

Zwist um Zollbefreiung 

Hintergrund der Debatte ist, dass die EU kurz nach Beginn des
russischen Angriffskriegs auf sein Nachbarland ukrainische Waren von
Zöllen befreit hat. Damit sollte die Wirtschaft des Landes gestärkt
werden. Im Sommer laufen die derzeit geltenden Zollerleichterungen
für die Ukraine aus. Wenn bis dahin keine neue Regelung abgesegnet
wird, läuft die Maßnahme ersatzlos aus.

Die Unterstützung durch Zollbefreiung ist vielen Bauern, vor allem im
Osten der EU, ein Dorn im Auge. Sie sehen sich durch günstige
Agrarimporte aus der Ukraine unverhältnismäßiger Konkurrenz
ausgesetzt. Ungarn setzte sich dafür ein, dass auch ukrainischer
Weizen künftig nur bis zu einer gewissen Menge zollfrei in die EU
gebracht werden dürfe. Auch aus Frankreich gab es Stimmen, die
strengere Zollregeln forderten. 

Weitere Sicherheitsmaßnahme

Wenn beispielsweise die Weizenpreise in der EU wegen ukrainischen
Importen zusammenbrechen sollten, dürfte die EU-Kommission aktiv
werden. Auf Grundlage der geplanten Regeln könne sie «die von ihr für

notwendig erachteten Maßnahmen einführen», so das Parlament. Wie
stark die Auswirkungen der ukrainischen Exporte auf den Markt in der
EU derzeit tatsächlich sind, darüber wird gestritten.

Die Ukraine ist ein weltweit wichtiger Produzent von Weizen, vor
allem Menschen in ärmeren Ländern sind auf günstiges Getreide aus dem

osteuropäischen Staat angewiesen. Wegen des russischen Angriffs auf
das EU-Nachbarland konnte zeitweise kein Weizen auf dem für den
Handel wichtigen Seeweg aus dem Land gebracht werden. Die Preise für
Weizen waren zwischenzeitlich deutlich gestiegen.