Klimaseniorinnen vor Gerichtshof erfolgreich - Jugendliche scheitern

09.04.2024 12:48

Schweizer Klimaschützerinnen erringen einen Sieg vor dem Gerichtshof
für Menschenrechte - die Entscheidung könnte wegweisend sein. Zwei
weitere Klimaklagen haben jedoch keinen Erfolg.

Straßburg (dpa) - Klimaschützer haben mit einer ersten Klage für
schärfere Maßnahmen gegen den Klimawandel vor dem Europäischen
Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) Erfolg gehabt. Der mangelnde
Klimaschutz der Schweiz habe die klagenden Seniorinnen in ihren
Menschenrechten verletzt, entschieden die Richter am Dienstag. Die
Frauen seien in ihrem Recht auf Privat- und Familienleben und in
ihrem Recht auf ein faires Verfahren berührt worden. Das Urteil
könnte ein Präzedenzfall für weitere Klimaklagen sein. Zwei weitere
Klimaklagen aus Portugal und Frankreich jedoch blieben vor dem
Gericht in Straßburg erfolglos.

Das Urteil an sich bindet erst einmal nur die Schweiz, hat aber große
Signalwirkung. Denn: Der EGMR mit Sitz im französischen Straßburg
gehört zum Europarat und ist für die Einhaltung der
Menschenrechtskonvention zuständig. Zum Europarat zählen die
EU-Staaten, aber auch andere große Länder wie die Türkei oder
Großbritannien. Das Urteil könnte nun also ein Präzedenzfall für
weitere Klimaklagen nicht nur vor dem EGMR, sondern vor unzähligen
nationalen Gerichten werden. 

Der Fall der Klimaseniorinnen war die erste Klimaklage überhaupt, die
vor der Großen Kammer des EGMR angehört wurde. Der Zusammenschluss
der Schweizer Rentnerinnen wurde initiiert und unterstützt von
Greenpeace. Die Seniorinnen argumentierten, dass sie durch ihr Alter
besonders durch den Klimawandel gefährdet sind, beispielsweise wegen
extremer Hitzewellen. Der Verein hat nach Angaben von Greenpeace über
2500 Mitglieder in der ganzen Schweiz mit einem Durchschnittsalter
von 73 Jahren.  

Die Entscheidung war mit Spannung erwartet worden. Denn der EGMR hat
sich zwar zuvor schon mit Umweltemissionen - wie Lärm oder
Luftverschmutzung - auseinandergesetzt, aber noch nie mit den
CO2-Emissionen eines Landes. Zur Urteilsverkündung reisten mehrere
Hundert Menschen an, auch die schwedische Klimaaktivistin Greta
Thunberg. 

Am gleichen Tag wurden auch zwei weitere Urteile im Zusammenhang mit
Klimaschutz gesprochen: Zu den Klagen eines französischen
Bürgermeisters gegen sein Heimatland sowie von portugiesischen
Jugendlichen gegen 32 europäische Staaten. Beide wurden jedoch
abgewiesen. Dem französischen Politiker fehle die sogenannte
Opfereigenschaft, also dass er besonders betroffen sei, so die
Richter. Die Jugendlichen hätten sich unter anderem zuerst in
Portugal durch die Instanzen klagen müssen, bevor sie den Gerichtshof
in Straßburg anrufen. 

Sofia Oliveira, eine der jugendlichen Klägerinnen, sagte nach dem
Urteil, dass sie natürlich enttäuscht sei, aber der Sieg der
Klimaseniorinnen ein Sieg für sie alle bedeute.