Rechnungshof: Lobbyisten können Transparenzregeln in der EU umgehen

17.04.2024 08:34

Unternehmen oder Verbände können die Gesetzgebung in Brüssel oft
unbemerkt beeinflussen, kritisiert der EU-Rechnungshof. Bürgerinnen
und Bürger hätten nur sehr begrenzt Einblick.

Luxemburg (dpa) - Gut ein Jahr nach dem Korruptionsskandal im
Europaparlament sieht der EU-Rechnungshof bei den EU-Institutionen
Mängel im Umgang mit Lobbyisten. Interessensvertreter können noch
immer von der Öffentlichkeit unbemerkt auf die EU-Gesetzgeber
Einfluss nehmen, wie der Rechnungshof am Mittwoch mitteilte. So
könnten Lobbyisten einige der Transparenzvorgaben für bestimmte
Formen der Einflussnahme völlig umgehen. Lobbying sei wichtig, weil
es Organisationen und Einzelpersonen ermögliche, einen Beitrag zur
Politikgestaltung und Entscheidungsfindung zu leisten. «Allerdings
kann Lobbying ohne Transparenzmechanismen zu unzulässiger
Einflussnahme, zu unlauterem Wettbewerb oder sogar zu Korruption
führen», mahnten die Rechnungsprüfer.

«Oft findet der Austausch zwischen Lobbyisten und EU-Gesetzgebern
fernab der öffentlichen Wahrnehmung statt, was der Transparenz
schadet und sich negativ auf das Vertrauen der Öffentlichkeit
auswirkt», sagte Kristijan Petrovic, das für die Prüfung zuständige

Mitglied des Rechnungshofs.

Nur für bestimmte Zusammenkünfte und Aktivitäten sei eine
Registrierung im 
EU-Transparenzregister zwingend erforderlich. Eine in den sogenannten
Katargate-Skandal verwickelte Nichtregierungsorganisation sei etwa im
Juni 2022 an einer Konferenz im Parlament beteiligt gewesen, obwohl
sie nicht im Register eingetragen gewesen sei. Seit Einrichtung des
Transparenzregisters sei die Zahl der registrierten Lobbyisten von
etwa 5 500 im Jahr 2012 auf mittlerweile rund 12 500 angestiegen. Es
sei rechtlich aber nicht verbindlich, sich in dem Register
einzutragen. 

Im Dezember 2022 hatte der Katar-Skandal das Europaparlament
erschüttert. Die belgische Justiz ermittelt gegen die inzwischen
abgesetzte Vizepräsidentin Eva Kaili und weitere Verdächtige wegen
Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung, Geldwäsche und
Korruption. Dabei geht es um mutmaßliche Einflussnahme auf politische
Entscheidungen aus dem Ausland.

Zudem kritisiert der Rechnungshof, dass sich Lobbyisten nur für
Treffen mit den ranghöchsten Mitarbeitern der EU-Institutionen
registrieren müssten. «Spontane Treffen und Telefongespräche sowie
E-Mail-Verkehr müssten nicht formell festgehalten werden, und für
Treffen mit Mitarbeitern unterhalb der Ebene eines Generaldirektors
(also faktisch mit fast allen Mitarbeitern) benötigten Lobbyisten
keine Registrierung», so die Rechnungsprüfer.