Sanktionen wegen Siedlergewalt: EU zielt auch auf Jugendgruppe

19.04.2024 14:58

Mit Sanktionen gegen radikale israelische Siedler will die EU im
eskalierenden Nahost-Konflikt ein Zeichen setzen. Betroffen sind
allerdings nicht nur Personen.

Brüssel (dpa) - Die EU hat die Namen der israelischen Staatsbürger
und Organisationen veröffentlicht, die wegen Gewalt gegen
Palästinenser im Westjordanland ab sofort mit Sanktionen belegt sind.
Wie aus dem EU-Amtsblatt hervorgeht, handelt es sich um vier Männer,
denen zum Beispiel Folter, Erniedrigungen oder Verstöße gegen das
Eigentumsrecht vorgeworfen werden. Zudem sind die radikale
Jugendgruppe Hilltop Youth und eine rechtsradikale jüdische
rassistische Gruppe mit dem Namen Lehava betroffen.

Hilltop Youth sei eine Gruppe, die sich aus Mitgliedern
zusammensetze, die für Gewalttaten gegen Palästinenser und deren
Dörfer im Westjordanland bekannt seien, heißt es im EU-Amtsblatt. Die
Strafmaßnahmen gegen Lehava begründet die EU unter anderem damit,
dass diese Gewalt anwende und zu Gewalt gegen Palästinenser, Christen
und Messianische Juden anstifte. Lehava-Mitglieder hätten zum
Beispiel «Tod den Arabern» gesungen und bei Kundgebungen dazu
aufgerufen, zu den Waffen zu greifen.

Lehava organisiere zudem gewaltsame Proteste gegen
jüdisch-muslimische Hochzeiten und die LGBTQI-Gemeinschaft.
Lehava-Mitglieder schikanierten arabisch-jüdische Paare und griffen
diese an. Zu den betroffenen Personen zählen Mitglieder von Hilltop
Youth wie der Siedleraktivist Elisha Yered und ein Mann namens Neria
Ben Pazi. Letzterer soll im Jahr 2019 vier der gewalttätigsten
Außenposten im Westjordanland errichtet haben.

Die Mitgliedstaaten hatten die Strafmaßnahmen am Freitagvormittag in
einem schriftlichen Verfahren beschlossen. Sie werden mithilfe des
EU-Sanktionsinstruments zur Ahndung von schweren
Menschenrechtsverstößen verhängt. Personen, die betroffen sind,
dürfen nicht mehr in die EU einreisen und keine Geschäfte mehr mit
EU-Bürgern machen. Außerdem müssen von den Betroffenen in der EU
vorhandenen Konten und andere Vermögenswerte eingefroren werden.

Angriffe gegen Palästinenser werden wie der Siedlungsbau im
Westjordanland als eines der Hindernisse für Bemühungen um eine
langfristige Friedenslösung im Nahost-Konflikt gesehen - insbesondere
nach dem Hamas-Massaker in Israel vom 7. Oktober. Die EU hat die
Gewalttaten und den Siedlungsbau bereits wiederholt verurteilt - für
Strafmaßnahmen gab es aber bis heute nie den erforderlichen Konsens.
Die Sanktionsentscheidung gilt deswegen als ein Anzeichen für einen
Kurswechsel in der Israel-Politik der EU - auch wenn die
Strafmaßnahmen an sich für die Betroffenen vergleichsweise geringe
Auswirkungen haben.

Mit den Sanktionen folgt die EU dem Beispiel der USA. Diesen haben
bereits Strafmaßnahmen verhängt, die sich gegen extremistische
israelische Siedler richten. Die USA werfen den Betroffenen unter
anderem vor, sich im Westjordanland an Gewalt gegen palästinensische
Zivilisten beteiligt zu haben.